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Wald und Holz

 

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Fachkompetente Stimmen zum Thema Waldbrand

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) betreut derzeit über 1000 Forschungs- und Entwicklungsprojekte, tausende Wissenschaftler forschen zu Themen des Förderprogramms "Nachwachsende Rohstoffe" (FPNR) und der Förderrichtlinie Waldklimafonds (WKF). Daher stehen wir in Kontakt mit den Menschen mit ausgewiesener Fachkompetenz auf ihrem Fachgebiet, sind im Austausch mit den Wissenschaftlern und Experten, die herausfordernde Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet lösen und das Ergebnis beurteilen können. Hier geben wir ihnen eine Stimme:

Expertenrunde mit Landwirtschaftsminister Backhaus bei den Waldbränden in Lübtheen 2019. Die FNR ist auch dabei. Bild: BMEL, Mewes

Expertenrunde mit dem Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern Till Backhaus bei den Waldbränden in Lübtheen 2019. Die FNR ist auch dabei. Bild: BMEL, Mewes

"Eine Art Bestimmungs-Schlüssel der Brandeigenschaft eines Waldbestandes"

Drei Fragen an ... Dr. Fabian Faßnacht, Forstwissenschaftler mit Schwerpunkt Fernerkundungsverfahren am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

FNR: Ein aktuelles Waldbrand-Forschungsprojekt mit dem Akronym ErWiN, das Sie vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gemeinsam mit dem Thünen Institut, dem Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde und dem Institut der Feuerwehr Nordrheinwestfalen durchführen, soll das ökologische, waldbauliche und technische Wissen zu Waldbränden erweitern. Sie wollen das Verständnis für Waldbranddynamik mittels Deep Learning verbessern. Wie kann man sich das vorstellen?

Dr. Fabian Faßnacht: Deep Learning zielt darauf ab, die Dynamik von Waldbränden in Mitteleuropa besser zu verstehen. Eine wichtige Datengrundlage ist die Verteilung der Vegetation, Pflanzenarten, Wuchsform, Größenanordnungen und die Kontinuität des Pflanzenmaterials. Es ist aber mit relativ viel Aufwand verbunden, all diese Informationen einzeln im Feld zu messen. Daher nutzen wir das System der Brennmaterialtypen. Das kann man sich als eine Art Bestimmungs-Schlüssel vorstellen, der es erlaubt, einen Waldbestand über eine visuelle Ansprache zu klassifizieren. Unsere Idee ist es, einem Deep-Learning-Algorithmus beizubringen, Fotos von Waldbeständen automatisch einer Brennmaterialklasse zuzuordnen und damit die Brandeigenschaften des Waldbestandes zu charakterisieren. Diese Informationen können dann in einem zweiten Schritt auch mit Fernerkundungsverfahren, wie zum Beispiel flugzeuggestütztem Laserscanning gekoppelt werden, um flächendeckend Informationen über Brennmaterialtypen abzuleiten.

FNR: In einer ersten Projektphase übertragen Sie Simulationen der Feuerausbreitung aus den USA und dem Mittelmeerraum auf deutsche Verhältnisse. Wieso?

Faßnacht: "Feuerausbreitungsmodelle zeigen die Dynamik von Waldbränden auf. Diese Modelle sind für Regionen der Erde entwickelt worden, in denen Waldbrände häufig vorkommen. Um diese Modelle auch in mitteleuropäischen Wäldern und in Deutschland einsetzen zu können, müssen einige Anpassungen vorgenommen werden. Sie können dann aber bei der Planung von Feuer-Präventionsmaßnahmen unterstützend eingesetzt werden. Die Idee ist, dass wir mit den Modellen vorab testen können, wie sich eine bestimmte Maßnahme, zum Beispiel die Einbringung einer Brandschneise oder waldbauliche Veränderungen, auf die Ausbreitung von Waldbränden auswirken würde. Die Ergebnisse von solchen Simulationen können dabei helfen, die zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Waldbrandprävention ideal einzusetzen."

FNR: Im zweiten Teil des Projekts sammeln Sie auf Brandflächen in Brandenburg Samen ein. Was bezwecken Sie damit?

Faßnacht: Wir wollen deren Keimfähigkeit untersuchen. Uns interessiert, ob es wesentliche Unterschiede beim Keimungserfolg zwischen den Baumarten gibt und inwiefern die Intensität des Brandes, die wir retrospektiv aus Satellitenbildern und Felddaten ableiten, den Keimungserfolg mitbestimmt. Ergänzend dazu führen wir ein Experiment mit frischem Samenmaterial der zehn häufigsten Baumarten Deutschlands durch. Im Labor simulieren wir hohe Brandtemperaturen und quantifizieren danach deren Keimungserfolg und Wachstumsraten. Die Ergebnisse des Experiments sollen zusammen mit den im Freiland erhobenen Untersuchungen Auskunft geben, inwiefern natürliche Prozesse Pflanzungsmaßnahmen nach einem Waldbrand unterstützen können. Die Idee ist, die Neubegründung des Bestandes mittels einer Kombination aus natürlicher Sukzession und gezielten Pflanzungen von kleineren Baumgruppen zu gestalten.

Zur Person:

Dr. Fabian Faßnacht, promovierter Forstwissenschaftler mit Forschungsschwerpunkt Fernerkundungsverfahren. Nach Studium und Promotion an der Universität Freiburg, arbeitet er am Institut für Geographie und Geoökologie des Karlsruher Institutes für Technologie. Forschungsaufenthalte führten ihn unter an die „Universidad de Chile“ in Santiago de Chile, das „Northwest Institute of Plateau Biology“ der Chinese Academy of Sciences in Xining, China. Zusätzlich arbeitet er als Editor für die Sektion Fernerkundung beim internationalen Fach-Journal “Forestry” (Oxford University Press). Expertise der Charakterisierung von Waldbränden mittels Fernerkundungsverfahren konnte er u. A. während seines Studienaufenthaltes an der University of New Brunswick, Kanada, während eines Forschungsaufenthaltes an der Colorado State University, USA, im Rahmen eines Fulbright Stipendiums, sowie im Rahmen des vor kurzem abgeschlossenen Projektes SaMowar (finanziert durch das BMWi) aufbauen, welches sich unter anderem mit Waldbränden in Zentral-Chile beschäftigte.

Tel: +49-(0)176-49130508

Email: Fabian.fassnacht(bei)kit.edu  

Zum Projekt:

Das Verbundvorhaben "Erweiterung des ökologischen, waldbaulichen und technischen Wissens zu Waldbränden" (ErWiN) wird von den Bundesministerien für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit Mitteln aus dem Waldklimafonds gefördert. Koordiniert wird das Vorhaben von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR).

Zugehörige Dateien:

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de

Dr. Fabian Faßnacht koordiniert ein vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rochstoffe e. V. (FNR) gefördertes Verbundvorhaben zur „Erweiterung des ökologischen, waldbaulichen und technischen Wissens zu Waldbränden“. Foto: privat

Dr. Fabian Faßnacht koordiniert das Waldklimafonds-Verbundvorhaben „Erweiterung des ökologischen, waldbaulichen und technischen Wissens zu Waldbränden“. Foto: privat

"Bränden schon beim Waldbau vorbeugen"

Drei Fragen an ... Alexander Held, Senior-Experte für forstliches Risikomanagement, European Forest Institute (EFI)

FNR: Seit Anfang Mai 2020 erarbeiten Sie am European Forest Institute zusammen mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg ein „Angepasstes Wald- und Feuermanagement im Klimawandel“. Das bedeutet, das Waldbrandmanagement wird beim Waldbau berücksichtigt?

Alexander Held: Ja. Waldbewirtschaftung und Waldbrandbekämpfung zu einem integrierten Waldbrandrisikomanagement zusammenzuführen, ist eines der Projektziele. Entwickeln wird der Forschungsverbund unter anderem präventive Waldbau- und präventive Feuerwehrkonzepte mit ganz neuen Ausbildungs- und Trainingsmodulen, die auf geeigneten Demonstrationsflächen praktisch erprobt werden. Die neuen Konzepte basieren auf internationalem Wissen zur Waldbrandprävention. Mit Handlungsempfehlungen für Waldbrandprävention und -bekämpfung schaffen wir den Rahmen für eine nationale Waldbrandstrategie. Eine solche Strategie schärft das Risikobewusstsein bei den Akteuren von Forst und Feuerwehr wie in der Gesellschaft. Jedem muss klar sein: Der Wald im Klimawandel ist nach heißen, trockenen Sommern, Sturmschäden und Käferbefall viel verwundbarer durch Waldbrände als noch vor Jahrzehnten. Deshalb ist die Anpassung der Wälder an dieses neue Risiko in Deutschland so akut und dringlich.

FNR: Mit welchen neu entwickelten Forstschutzmaßnahmen lässt sich Waldbränden vorbeugen bzw. das Schadensausmaß begrenzen?

Held: Bisherige Konzepte waren zu oft limitiert auf den Aspekt der Feuerbekämpfung. Künftig muss präventiven Maßnahmen mehr Aufmerksamkeit zukommen. Dazu gehören eine gute Walderschließung, die Einsatzfahrzeugen leichten Zugang zu einem Waldbrand gewährt, die Erstellung von Waldbrandeinsatzkarten und das Anlegen von Feuerschneisen, Brandschutzriegeln, Löschteichen und Pflugstreifen entlang von Straßen bzw. Bahnlinien. Dem kontrollierten Brennen kommt in der Waldbrandprävention ebenfalls eine strategisch wichtige Rolle zu. Dafür bedarf es aber einer fundierten Ausbildung und Praxiserfahrung. Waldbauliche Maßnahmen hin zu klimaresilienteren Beständen sind ein längerfristigeres Ziel. Der Waldumbau hin zu strukturreicheren Mischwäldern mit typischem Waldinnenklima kann hier einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Waldbrandgefahr leisten.

FNR: Welche Auswirkungen haben Feuer auf Flora und Fauna?

Held: Nach einem Feuer geht man von einer fünf- bis siebenjährigen Rekreierungsphase des Bodens und der Mykorrhiza aus, je nach Intensität. Ohne Humusauflage speichert der Boden weniger Wasser, beim Brand freigesetzte Mineralien werden eingewaschen. In dieser Zeit wächst auf der Brandfläche kein Baum gut. Zunächst siedeln sich Kräuter, Gräser, Sträucher an. Insekten- und Vogelwelt variieren mit der Begrünung, bis der Wald wieder die Oberhand hat.  Also lieber etwas abwarten, statt sofort wieder aufzuforsten.

Zur Person:

Alexander Held, geboren 1975 in Augsburg, Forstwissenschaftler, forschte unter Prof. Johann Goldammer in der Arbeitsgruppe Feuerökologie am Max-Planck-Institut für Chemie zu natürlichen und menschengemachten Vegetationsbränden und deren ökologischen wie gesellschaftlichen Auswirkungen.

Als Mitglied der Arbeitsgruppe Feuerökologie sammelte Held unter anderem in Südafrika, den USA, und Europa praktische Erfahrungen im Feuermanagement. Er konnte dadurch die Wissenschaft mit internationalen, operativen Qualifikationen kombinieren.

Seit 2011 unterstützt Alexander Held als Experte das forstliche Risikomanagement des European Forest Institute (EFI) in Bonn mit den Schwerpunkten Vegetationsbrand und Waldbau.

Tel.: +49 (0)173 6293093

E-Mail: alexander.held(bei)efi.int 

Weitere Informationen: www.waldbrand-klima-resilienz.com

Zum Projekt:

Das Verbundvorhaben „Angepasstes Wald- und Feuermanagement im Klimawandel (Waldbrand-Klima-Resilienz)“ wird von den Bundesministerien für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit Mitteln aus dem Waldklimafonds gefördert. Koordiniert wird das Vorhaben von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR).

Das Projekt besteht aus den Teilvorhaben 1 des European Forest Institute (EFI) und 2 der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg.

Links zum Verbundvorhaben: Angepasstes Wald- und Feuermanagement im Klimawandel (Waldbrand-Klima-Resilienz)

 

 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe
Tel.: +49 3843 6930-311
E-Mail: m.plothe(bei)fnr.de

Forstwissenschaftler und Feuerökologe Alexander Held ist Experte für forstliches Risikomanagement am European Forest Institut. Foto: privat

Forstwissenschaftler und Feuerökologe Alexander Held ist Experte für forstliches Risikomanagement am European Forest Institut. Foto: privat

"Das Ziel ist weniger die Detektion aktiver Feuer, vielmehr die Beurteilung der Waldbrandgefahr"

Drei Fragen an ... Prof. Dr. Thomas Udelhoven, Physischer Geograph an der Universität Trier

FNR: Sie sind Leiter des Forschungsprojekts BrandSat. Darin kartieren Sie mit ihrem Fachbereich Umweltfernerkundung und Geoinformatik der Uni Trier zusammen mit der Humboldt-Universität Berlin Waldbrände sowie Waldbrandgefahrenstufen mit Hilfe von Erdbeobachtungsdaten. Was wollen Sie damit erreichen?

Prof. Thomas Udelhoven: Da der bisher verfügbare Waldbrandgefahrenindex des Deutschen Wetterdienstes nur eine räumliche Auflösung von einem Kilometer pro Pixel aufweist, bieten hochaufgelöste Satellitendaten die Chance, die Waldbrandgefahr räumlich viel genauer zu charakterisieren. Im Projekt sollen deshalb in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst deutlich genauere Informationen über die aktuelle Waldbrandgefahr aufbereitete und bereitgestellt erstellt werden.

FNR: Die Waldbrandfrüherkennung in Deutschland ist recht heterogen. Es gibt Länder mit automatischen Waldbrand-Früherkennungssystemen (AWFS) und Waldbrandzentralen, andere Länder setzen noch auf Wachtürme oder Aufklärungsflüge: Welche Möglichkeiten bietet da die Satellitenfernerkundung, die bei BrandSat genutzt wird?

Udelhoven: Die Satellitenfernerkundung, insbesondere das Copernicus-Programms der ESA (Europäische Raumfahrtagentur), bietet die Möglichkeit, große Flächen schnell, einheitlich und objektiv zu bewerten. Eine Einschränkung bei der Verwendung räumlich hochaufgelöster, optischer Fernerkundungsdaten besteht darin, dass keine täglichen Überflüge stattfinden und dass die Daten oft durch Wolken beeinflusst sind. Daher sollen im Projekt auch satellitengestützte Radardaten geprüft werden, die diesen Einschränkungen nicht unterliegen.

FNR: Was sind jeweils die Vor- und Nachteile der Satellitenfernerkundung im Vergleich zu erdnahen, erdgebundenen Überwachungssystemen wie AWFS?

Udelhoven: Die Satellitenfernerkundung macht es möglich, den Zustand des Waldes eines ganzen Bundeslandes zeitnah zu bewerten. Das Ziel ist weniger die Detektion aktiver Feuer, vielmehr die Beurteilung der Waldbrandgefahr. Daher sollen die Trockenheit und die Menge der brennbaren Biomasse über Satellitendaten abgeschätzt werden. Entstehende Herausforderungen hierbei sind die aufwendige Prozessierung der großen Datenmengen, und dass die optischen Fernerkundungsdaten nicht täglich vorliegen.

Zur Person:

Prof. Dr. Thomas Udelhoven ist Physischer Geograph und arbeitet seit 1992 im Rahmen zahlreicher internationaler Forschungsprojekte auf dem Gebiet der hyperspektralen Fernerkundung und Geoinformationsverarbeitung. 1997 promovierte er an der Universität Trier. Von 2007 bis 2010 leitete er die Geomatik-Plattform am Centre de Recherche Public Gabriel Lippmann in Luxembourg. Seit 2010 leitet er das Fach Umweltfernerkundung und Geoinformatik an der Universität Trier. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die fernerkundliche Erfassung biochemischer und struktureller Eigenschaften von Vegetation und Böden, Methoden des maschinellen Lernens und (Geo-)Statistik. 

Zum Projekt:

Das Verbundvorhaben: Kartierung der Waldbrandgefahr mit fernerkundlichen und meteorologischen Daten (Akronym BrandSat) wird von den Bundesministerien für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit Mitteln aus dem Waldklimafonds gefördert. Koordiniert wird das Vorhaben von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR).

Links zum Verbundvorhaben: 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de

Professor Dr. Thomas Udelhoven arbeitet mit dem Waldklimafonds-Forschungsvorhaben BrandSat an einer Kartierung der Waldbrandgefahr mit fernerkundlichen und meteorologischen Daten. Foto: privat

Professor Dr. Thomas Udelhoven arbeitet mit dem Waldklimafonds-Forschungsvorhaben BrandSat an einer Kartierung der Waldbrandgefahr mit fernerkundlichen und meteorologischen Daten. Foto: privat