2020 war nicht nur das weltweit zweitwärmste Jahr seit der Wetteraufzeichnung. In Deutschland war es im dritten Jahr in Folge zu trocken. Der Bodenwasserspeicher konnte sich nicht regenerieren. Dass die Trockenheit aber regional variiert, das lässt sich an speziellen Luftbildern erkennen. Diese liefern Erkenntnisse zum Zustand der Vegetation.
Trockenstress erkennen
Es ist die Auswertung der Fotos, die Forscher vor Herausforderungen stellt. Forstwissenschaftler der TU München arbeiten derzeit zusammen mit dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) und Fernerkundern der Universität Trier an einem Verfahren, wie der Einsatz der Fernerkundung zur frühzeitigen Erkennung von Trockenstress auf gefährdeten Waldstandorten besser genutzt werden kann.
Automatisierte Bildauswertung
Dabei greifen Forscher auf Bilder zurück, die von Satelliten oder Flugzeugen aus aufgenommen werden. Sie identifizieren selbst kleinste Veränderungen der Struktur und der Farbe der Bäume. So wollen sie künftig flächendeckend und automatisch erkennen, wann bei Waldbäumen Stress durch Trockenheit entsteht. Neu im Projekt ForDroughtDet ist, dass die sogenannte Anisotropie, die ungleiche Rückstrahlung von Objekten, eingebunden wird. Bisher ist sie bei der Analyse ein Störfaktor und muss aufwendig gefiltert werden. Künftig soll sie aber als zusätzliche Informationsquelle dienen.
Simulierte Trockenheit im Waldlabor
Doch wie will man aus der Ferne erkennen, ab wann ein Baum unter Trockenstress leidet, wenn dies schon aus der Nähe betrachtet nur schwer möglich ist? Das gelingt, weil die Experten der Fernerkundung auf das Kroof-Experiment der Münchner Forstwissenschaftler zurückgreifen können. Die Förster schufen 2013 im Kranzberger Forst ein Waldlabor, mit dem sie eine langfristige Trockenheit simulieren können. Dazu rüsteten sie in Teilen des Waldes die Baumschäfte mit neuartigen Glasdachkonstruktionen ein.
Forst-Risiko-Karten
Fällt Regen, schließen sich diese und öffnen sich wieder nach dem Wetterereignis. Die Bäume sind mit Messsystemen verkabelt, sodass vor Ort genau analysiert werden kann, wie sich die Veränderungen auswirken. Die Fernerkunder können auf den Fotos nun die Veränderungen der Farb- und Blattstruktur genau den verschiedenen Phasen der Trockenheit zuordnen. Ziel des Forschungsprojektes ist es, künftig Waldstandorte mit nicht standortsgerechten Baumarten genau ausfindig zu machen, noch bevor es zum kompletten Ausfall an Beständen kommt. Künftig könnten so wesentlich genauer sogenannte Forst-Risiko-Karten erstellt werden.
Buche und Tanne - Das Baumpaar für den Klimawandel?
Entsprechend können dann Waldbäume gepflanzt werden, die den Trockenstress besser verkraften. Forstwissenschaftler der Universität Freiburg untersuchten zusammen mit Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie im Forschungsprojekt BuTaKli - Buchen-Tannen-Mischwälder zur Anpassung von Wirtschaftswäldern an Extremereignisse des Klimawandels, ob sich mit der Beimischung von Tannen die Widerstandskraft von Buchen gegenüber extremen Wetterereignissen erhöhen lässt. Insbesondere der Wechsel von anhaltend heiß-trockenen Witterungsphasen mit Starkniederschlägen interessierte die Förster, da im Zuge des Klimawandels vermehrt mit solchen Wetterlagen zu rechnen ist, so genannten „Drying-Wetting-Cycles“.
Ökologisch vorteilhaft
In ihrem Abschlussbericht kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Buchen-Tannen-Mischungen im Klimawandel für beide Baumarten deutliche ökologische Vorteile gegenüber Reinbeständen bieten. Außerdem können Buchen-Tannen-Wälder bei steigendem Dürrerisiko trotz erhöhten Einbringungs- und Pflegeaufwands ökonomisch rentabel sein und die Versorgung mit Nadelholz unterstützen.
Hydraulischer Lift
Die Forscher wiesen in Mischbeständen sowohl bei den Buchen als auch bei den Tannen höhere jährliche Holzzuwachsraten nach als in Reinbeständen beider Baumarten. Außerdem konnten Buchen sich in der Nachbarschaft von Tannen nach Trockenheit schneller regenerieren und Wachstumseinbußen ausgleichen. Grund dafür könnte der Effekt des „hydraulischen Lifts“ sein, den die Wissenschaftler an jungen Tannen und Buchen im Gewächshaus nachwiesen. Dabei zieht die Tanne über ihr Pfahlwurzelsystem Wasser in höhere, trockenere Bodenschichten, wovon auch die Buche profitiert.
Montane bis hochmontane Standorte
Die Forscher schränken allerdings ein, dass sich potenzielle Anbauflächen der Buchen-Tannen-Mischbestände auf Standorte der montanen bis hochmontanen Höhenstufen (> 600 m) beziehen. In tieferen Höhenlagen seien nur besonders günstige Standorte mit entsprechendem Wildtiermanagement für die verbisssensible Tanne geeignet.
Robuste Fichtenbestände
Doch auch auf die Fichte, die besonders unter den Klimaveränderungen leidet, soll künftig nicht verzichtet werden. Der „Brot- und Butterbaum" der deutschen Forstwirtschaft zeigt sich in den Reinbeständen besonders anfällig für Trockenheit und Stürme und fällt dem Borkenkäfer zum Opfer. Doch auch hier gibt es Unterschiede. Manche Fichtenbestände scheinen robuster zu sein gegenüber Trockenheit als andere.
Geeignetes Saatgut
Unter der Koordination des Thünen-Instituts in Eberswalde versuchen Forscher die Trockenheitsgefährdung und Anpassungspotenziale unterschiedlicher Fichtenpopulationenzu ermitteln. Sie wollen die Populationen und Herkünfte im Verbreitungsgebiet der Fichte ausfindig machen, die besonders widerstandsfähig sind. Von den Bäumen, die unter Trockenheit weiterhin vital bleiben und wachsen, soll dann Saatgut gewonnen und analysiert werden. Mit diesen Daten erhält die Forstwirtschaft ein neuartiges Beurteilungsinstrument, um die Trockenheitstoleranz von Fichten verschiedener Herkunft zu bewerten.
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