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Fachkompetente Stimmen zum Thema Waldbau im Klimawandel

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) betreut derzeit über 1000 Forschungs- und Entwicklungsprojekte, tausende Wissenschaftler forschen zu Themen des Förderprogramms "Nachwachsende Rohstoffe" (FPNR) und der Förderrichtlinie Waldklimafonds (WKF). Daher stehen wir in Kontakt mit den Menschen mit ausgewiesener Fachkompetenz auf ihrem Fachgebiet, sind im Austausch mit den Wissenschaftlern und Experten, die herausfordernde Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet lösen und das Ergebnis beurteilen können. Hier geben wir ihnen eine Stimme:


 

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

Douglasien-Erkrankungen: „Hoffen auf Erkenntnisse zur Resistenz einzelner Herkünfte“

Drei Fragen an Dr. Stefan Seegmüller, Leiter der Labore für Ökophysiologie und funktionale Genetik an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz (FAWF):

FNR: Als die aus Nordamerika stammende Douglasie vor rund 200 Jahren in Europa angesiedelt wurde, galt sie als wuchsfreudig und widerstandsfähig. Inzwischen setzen der Douglasie europaweit Pathogene zuwenn auch mit regional unterschiedlicher Intensität. Welche Faktoren haben dazu geführt und wie hoch ist heute der Anteil der gefährdeten Bestände in Deutschland?

Dr. Stefan Seegmüller: Die Douglasie galt bis in die jüngere Vergangenheit als aussichtsreiche Bereicherung für unsere Wälder. Allerdings setzen ihr seit etwa 20 Jahren tatsächlich einige Umstände ernsthaft zu. Bei uns in Rheinland-Pfalz beispielsweise leidet sie mitunter nach wie vor unter Manganmangel. Ihre ernsthafteste Erkrankung ist zurzeit jedoch die Rußige Douglasienschütte. An Schütte erkrankte Douglasien verlieren vorzeitig die älteren Nadeln, ja, mitunter finden sich an erkrankten Bäumen nur noch ein oder zwei Nadeljahrgänge. Normal wären fünf oder sechs. Bedrohlich wird die Krankheit für die Bäume, wenn die Douglasiengallmücke zusätzlich die jüngsten Nadeln schädigt und/oder Diplodia-Triebsterben die diesjährigen Jahrestriebe befällt.

Die Rußige Douglasienschütte ist allenthalben in Deutschland verbreitet. Wirtschaftlich fühlbar oder gar bestandesbedrohend tritt sie vor allem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf, fällt aber auch in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in vielen Beständen auf. Der Tendenz nach greift die Krankheit derzeit weiter um sich. Weiter östlich gewinnt im stärker kontinental geprägten Klima die Frosthärte für die Gesundheit der Douglasien an Bedeutung.

FNR: Der Erreger der Rußigen Douglasienschütte galt in Nordamerika als harmloser Schwächeparasit. Dagegen brachte die vom ihm ausgelöste Erkrankung in den 1920er und 1930er Jahren in Süddeutschland den Douglasien-Anbau quasi zum Erliegen. Worauf ist die starke Ausbreitung hierzulande – wie heute in Rheinland-Pfalz – zurückzuführen?

Dr. Seegmüller: Der Erreger der Rußigen Douglasienschütte ist ein Pilz. Er wächst zwischen den Zellen der Douglasiennadeln und schiebt im Frühling und Sommer kleine kugelförmige Fruchtkörper aus den Spaltöffnungen der Wirtsnadeln. Die Fruchtkörper entlassen bei feuchter Witterung Sporen, die die jüngeren Nadeln infizieren.

In ihrem Herkunftsareal haben sich die Douglasien an trockene Sommer angepasst. Wenig Niederschlag während der Vegetationsperiode macht es den Pilzsporen schwer, auf die jüngeren Nadeln zu gelangen, ohne vorher auszutrocknen. Trockene Sommer machen es unwahrscheinlicher, dass der Pilz sich verbreiten kann.

Andererseits bauen wir die Douglasien beispielsweise in Rheinland-Pfalz in einem ozeanisch getönten Klima an, in dem es auch im Sommer immer wieder regnet. Das erleichtert es dem Pilz, sich in den Beständen auszubreiten. Demgegenüber macht ihm das kontinentaler getönte Klima in Ostdeutschland schon eher zu schaffen. Besonders erfolgreich ist er dann, wenn er viele mittelalte Bestände vorfindet, in denen die dicht wachsenden Bäume den Austausch der sporenbelasteten feuchten Luft behindern.

Aber auch im Westen der USA und an der kanadischen Westküste leiden die Douglasien derzeit verstärkt unter der Rußigen Schütte. Hier sind nicht nur die wüchsigen mittelalten Bestände betroffen, sondern auch licht stehende Althölzer. Unsere Kollegen dort gehen davon aus, dass die Rußige Douglasienschütte im Westen von Nordamerika die Wälder in Wellen belastet, die mehrere Jahrzehnte andauern können.

FNR: Seit Januar 2022 forscht die FAWF zusammen mit zwei Kooperationspartnern zur Vitalität der Douglasie. Zu den Zielen des Forschungsprojektes gehört u. a. die Anzucht gegen Schaderreger unempfindlicher Douglasien. Wie gehen Sie dabei vor und welchen Zeitraum veranschlagen Sie, bis Zuchterfolge in der Praxis sichtbar sein könnten?

Dr. Seegmüller: Forstpraktiker beobachten in ihren ansonsten erkrankten Douglasienbeständen immer wieder einzelne Individuen, die scheinbar weitgehend gesund sind. In unseren Herkunftsversuchen finden wir einzelne Provenienzen, die den Schäden offensichtlich besser widerstehen können. Unklar blieb jedoch bisher, ob der bessere Gesundheitszustand zufälliger Natur ist, auf kleinstandörtlichen Unterschieden beruht oder vielleicht doch eine bessere Krankheitsabwehr sichtbar macht. Die Pflanzen wehren widrige Einflüsse mit ihrem antioxidativen System ab. Neuere Erkenntnisse zeigen, das auch phenolische Inhaltsstoffe – also kondensierte Tannine und Lignin –  zur Abwehr von oxidativem Stress beitragen.

Deshalb untersuchen wir im ersten Schritt, inwieweit sich erkrankte und gesunde Douglasien sowie deren vegetative Nachkommen in ihrem antioxidativen System und ihrer Ausstattung mit Gerbstoffen und Lignin unterscheiden. Darauf aufbauend wollen wir in die funktionale Genetik der Bäume Einblick nehmen. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse hoffen wir, in drei Jahren Aussagen über die Schütteresistenz einzelner Herkünfte und Individuen auf physiologischer und genetischer Basis treffen zu können.

Zur Person:

Dr. Stefan Seegmüller, Jahrgang 1965 aus Mannheim, studierte von 1986 bis 1992 Forstwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Anschließend promovierte er dort an der Professur für Baumphysiologie über ein ernährungsphysiologisches Thema im Zusammenhang mit den veränderten Umweltbedingungen im Klimawandel. Nach seinem Referendariat in der rheinland-pfälzischen Forstverwaltung von 1997-1999 wurde er wissenschaftlicher Referent an der Forstlichen Versuchsanstalt Rheinland-Pfalz, später Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. Dort hat er seitdem Studien zur Nutzung erneuerbarer Energien und zur Holzverwendung betreut, volkswirtschaftliche Untersuchungen über die Forst-, Holz- und Papierwirtschaft durchgeführt und arbeitet seit 2008 wieder verstärkt im ökophysiologischen Bereich. Seit 2017 ergänzt ein funktional genetisches Aufgabengebiet die physiologischen Studien.

Weitere Informationen:

Verbundvorhaben: Eine optimale Vitalität von Douglasien für die Zukunft multifunktionaler Wälder (VitaDou); 01.01.2022-31.12.2024

Pressemitteilung:

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe
Tel.: +49 3843 6930-311
E-Mail: m.plothe(bei)fnr.de

Dr. Stefan Seegmüller leitet die Labore für Ökophysiologie und funktionale Genetik an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. Foto: privat

Dr. Stefan Seegmüller leitet die Labore für Ökophysiologie und funktionale Genetik an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. Foto: privat

"Durchforstungen können Trockenstress in Nadelbaumbeständen deutlich verringern…"

Drei Fragen an ... Dr. Christian Ammer, Professor für Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen an der Georg-August-Universität Göttingen

FNR: Herr Professor Dr. Ammer, im Waldklimafonds-Projekt „Langfristiger Einfluss von Durchforstungseingriffen in Fichtenbeständen“ hatten Sie untersucht, welche waldbaulichen Möglichkeiten bestehen, das Trockenstressrisiko junger Fichtenbestände zumindest so lange zu verringern, bis diese zur Ernte beziehungsweise zum Umbau in Mischbestände oder zum Baumartenwechsel heranstehen. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse in diesem Projekt?

Prof. Dr. Christian Ammer: Wie sich zeigte, konnten konventionelle Auslesedurchforstungen, also Eingriffe bei denen zugunsten eines zuvor ausgewählten vitalen Baumes etwa zwei bedrängende Nachbarbäume entnommen werden, den Trockenstress der geförderten Bäume deutlich verringern. So führten diese Eingriffe dazu, dass eine größere Niederschlagsmenge den Waldboden erreichte und den Bäumen zur Verfügung stand, was eine langsamere Austrocknung des Bodens zur Folge hatte. Zwar stieg der Wasserverbrauch der ausgewählten Einzelbäume aufgrund der Besonnung ihrer in den Folgejahren auch größer werdenden Kronen, der Gesamtwasserverbrauch des Bestandes blieb jedoch deutlich unter jenem der undurchforsteten Kontrollbeständen.

Dort verbrauchte zwar der einzelne Baum weniger Wasser, die Vielzahl der Stämme führte aber zu einem höheren Gesamtverbrauch und damit zu einem messbar angespannteren Wasserhaushalt als bei den geförderten Bäumen. Wie zu erwarten war, nahmen die mit der Durchforstung verbundenen positiven Effekte mit den sich im Zuge des Wachstums der Bäume wieder schließenden Kronen ab, ließen sich aber durch einen neuen Eingriff wiederholen.

FNR: Gibt es Gründe, alternative Wege zu einem Waldumbau „weg von der Fichte“ zu beschreiten?

Ammer: Um Missverständnissen vorzubeugen: es ging bei dem skizzierten Projekt nicht darum, den Waldumbau in Frage zu stellen, sondern das Ziel bestand vielmehr darin, Wege aufzuzeigen, um die auf großen Flächen noch vorhandenen jungen Fichtenbestände solange zu stabilisieren, bis sie geordnet in neue Bestandestypen umgebaut werden können. Es wäre fatal, wenn neben den vielfach ausfallenden Altbeständen nun auch noch auf ganzer Fläche Fichtenjungbestände abgängig waren, wie das in einigen Teilen der Republik bereits der Fall ist.

Hier lässt sich durch Durchforstungen womöglich etwas Zeit gewinnen, aber man muss auch ganz klar sagen, dass die damit erreichte temporäre Absenkung des Trockenstresses der Bäume bei einer Massenvermehrung des Borkenkäfers und ungünstigen Witterungsbedingungen kaum in der Lage sein wird, hohe Verluste zu vermeiden. Es kann ja aber auch schon etwas gewonnen sein, wenn die Bäume wenigstens so dick werden können, dass ihre Ernte nicht defizitär ist und der Umbau der dringlich zu behandelnden Altbestände abgeschlossen ist.

FNR: Wie schätzen Sie waldbauliche Maßnahmen wie das Instrument „Durchforstung“ ein, unsere Wälder hinsichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit – der sogenannten Resilienz – für den Klimawandel zu ertüchtigen?

Ammer: Wie gesagt, solche Durchforstungen können helfen Zeit zu gewinnen, nicht mehr und nicht weniger. Sie haben sich bislang in Nadelbaumbeständen als wirkungsvoll erwiesen, für Laubbaumarten stehen entsprechende Experimente meines Wissens bislang aber aus. Da sich die Baumarten in ihrem Verhalten bei Trockenstress erheblich unterscheiden, sollte man die Ergebnisse, die wir bei der Fichte und die Freiburger Kollegen an Fichte und Kiefer erzielt haben, keinesfalls ungeprüft auf Laubwälder übertragen. Gerade bei der Buche, die ihre Spaltöffnungen bei Trockenheit relativ spät schließt um Wassermangel zu vermeiden, ist anzunehmen, dass viel vorsichtiger eingegriffen werden muss und dies umso mehr, je älter die Bestände werden.

Das ist bislang aber eine Mutmaßung, die durch neue Untersuchungen geprüft werden muss. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass Durchforstungen in Nadelbaumbeständen dazu beitragen können, den Trockenstress der verbleibenden Bäume abzusenken. Am eigentlichen Problem, der Bedrohung durch den Klimawandel, ändert sich allerdings nichts. Hier sind wir alle gefragt, durch drastische Änderungen unseres Konsum- und Mobilitätsverhaltens dazu beizutragen, dass die negativen Folgen des Klimawandels beherrschbar bleiben.

Zur Person:

Dr. Christian Ammer, Professor für Waldbau und Wäldökologie an der Georg-August-Universität Göttingen, Jahrgang 1962, studierte Forstwissenschaften an der Ludwigs-Maximilians-Universität München, wo er auch promovierte (1996) und habilitierte (2001). Nach verschiedenen Funktionen in der Bayerischen Forstverwaltung wurde er 2007 als Professor für Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen an die Universität Göttingen berufen. Seine Forschungsgebiete umfassen die Anpassung von Wäldern an den Klimawandel, die Auswirkungen der Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität und verjüngungsökologische Fragestellungen. Christian Ammer ist derzeit erneut Dekan der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen. Seit 2013 hat er den Vorsitz des Waldbeirats des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz inne. Seit 2020 ist er Präsident der Gesellschaft für Ökologie Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Das Waldklimafonds-Projekt über Durchforstungseingriffe hat Ammer im Auftrag der Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaf (BMEL) und Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) koordiniert.

Projekte:

  • Langfristiger Einfluss von Durchforstungseingriffen in Fichtenbeständen auf die Verminderung des Trockenstressrisikos
    Förderkennzeichen 22019514

 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de

Dr. Christian Ammer, Professor für Waldbau und Waldökologie an der Georg-August-Universität Göttingen (Quelle: privat)

Dr. Christian Ammer, Professor für Waldbau und Waldökologie an der Georg-August-Universität Göttingen (Quelle: privat)

"Buche und Tanne wachsen in Mischung besser"

Drei Fragen an ... Prof. Jürgen Bauhus, Institut für Forstwissenschaften an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

FNR: Herr Prof. Dr. Bauhus, eine zentrale Fragestellung im Projekt „Buchen-Tannen-Mischwälder zur Anpassung von Wirtschaftswäldern an den Klimawandel“ lautete, ob die Mischung von Tannen und Buchen die Trockenstresstoleranz beider Baumarten verbessert. Zu welchen grundlegenden Erkenntnissen sind Sie gelangt?

Prof. Dr. Jürgen Bauhus: Grundlage für unser Projekt war die Hypothese, dass die Mischung der Weißtanne – einer tiefwurzelnden und relativ trockenstresstoleranten, einheimischen Nadelbaumart – mit der Buche als flächenmäßig bedeutsamster Laubbaumart zu überwiegend positiven Wechselbeziehungen führt. Zum einen vermuteten wir, dass die beiden Baumarten in Kombination unterschiedliche Bodentiefen durchwurzeln, so dass im Mischbestand die tiefwurzelnde Tanne eine geringere Konkurrenz um Bodenwasser für eine flacher wurzelnde Buche darstellt als eine benachbarte Buche. Zum anderen nahmen wir an, dass in dieser Mischung über den sogenannten „hydraulischen Lift“ Wasser aus tieferen Bodenhorizonten über das Pfahlwurzelsystem der Tanne aufgenommen und nachts in den oberen, trockenen Bodenhorizonten wieder abgegeben würde, wovon die Buche profitieren könnte. 

Unsere Ergebnisse zeigten, dass sich die Feinwurzelverteilungen in den obersten 90 cm Mineralbodens nicht substantiell unterscheiden zwischen Mischungen der beiden Arten und gleichartigen Nachbarn. Unter künstlicher Austrocknung zeigten sowohl Buche als auch Tanne unabhängig von der Baumartenkombination eine ähnliche, geringere Feinwurzeldichte sowie eine Verlagerung des Wurzelsystems in tiefere Bodenschichten. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass wir in den Freilandversuchen das Phänomen des hydraulischen Lifts nicht nachweisen konnten. Dies gelang nur in einem kontrollierten Experiment unter sehr trockenen Bedingungen mit jungen Tannen und Buchen im Gewächshaus.

Nichtsdestotrotz zeigte die Analysen von Jahrringen, dass beide Baumarten in Mischung besser wachsen. Bei nicht angespanntem Bodenwasserhaushalt verbesserte eine Beimischung von Tannen den Wasserhaushalt von benachbarten Buchen. Letztere erholten sich in Mischung auch schneller von Trockenstress. Ansonsten wiesen die beiden Baumarten keine komplementäre Wassernutzung auf. Allerdings führte die Mischung auf den untersuchten Standorten nicht dazu, dass die Trockenstresstoleranz der beiden Baumarten in Mischung gegenüber den Reinbeständen erhöht war. Die positiven Effekte der Mischung auf das Wachstum müssen daher durch andere Veränderungen begründet sein, zum Beispiel durch eine bessere Ausnutzung des Lichtes durch die beiden Baumarten.

FNR: Wie wirkt sich die Tannenbeimischung in Buchenwäldern auf die Bodeneigenschaften und Nährstoffverfügbarkeit aus? Fanden Sie Ihre Ausgangsthesen in Ihren Projektergebnissen bestätigt oder widerlegt? 

Bauhus: Hier stellten wir fest, dass Tannenbeimischungen die Bodenkohlenstoffspeicherung in der Humusauflage und im oberen Mineralboden und damit die C-Senkenfunktion des Bodens im Vergleich zu Buchenreinbeständen erhöhten. Gleichzeitig hatte die Beimischung nur geringe Auswirkungen auf die Boden-Atmosphäre-Flüsse von Lachgas und Methan, so dass der Gesamteffekt eine deutliche Erhöhung der Boden-Treibhausgassenke ist. Durch die höheren Bodenkohlenstoffgehalte entstehen weitere positive Effekte wie eine verbesserte Filterkapazität für Schadstoffe, eine erhöhte Wasser- und Nährstoff-Retention, Verstärkung des Erosionsschutzes und nicht zuletzt eine höhere Verfügbarkeit von anorganischem Stickstoff in der Streu. Daher sehen wir insgesamt eine Verbesserung der Stickstoffverfügbarkeit in Mischungen. Andere Nährstoffe wurden in unserer Studie nicht untersucht. 

FNR: Unter welchen Bedingungen können Buchen-Tannenmischwälder eine anzustrebende Alternative zu trockenheitsempfindlichen Fichten-Beständen sein? 

Bauhus:  Potenzielle Flächen für die Entwicklung von Buchen-Tannen-Mischbeständen sehen wir vor allem in jenen Rückzugsgebieten der Fichte, in denen Buche und Tanne auch in absehbarer Zukunft eine risikoarme Bestockung darstellen. Das sind vor allem die montanen und hochmontanen Höhenstufen unserer Mittelgebirge. Unterhalb von 600 m sehen wir im Schwarzwald bereits jetzt nach den extremen Trockenjahren hohe Ausfälle von Tannen. Darüber können Buchen-Tannen-Mischbestände bzw. Bergmischwälder mit Buchen, Tannen und weiteren Baumarten wie Bergahorn idealerweise über Vorausverjüngung unter dem existierenden Schirm etabliert werden. Erheblich schwieriger ist es, Mischungen mit diesen spätfrostempfindlichen Baumarten durch Pflanzung auf Freiflächen, die durch das Absterben von Fichtenbeständen entstehen, zu etablieren. Weitere Möglichkeiten zur Entwicklung von Mischungen sind sehr junge Buchen-Naturverjüngungsflächen, in denen z. B. Fehlstellen mit Tanne und anderen Baumarten ausgepflanzt werden könnten. In jedem Fall ist es sehr wichtig, die Reh-und Rotwildpopulationen so zu managen, dass die Verjüngung dieser Baumarten nicht durch starken Verbiss unmöglich gemacht wird. 

Zur Person:

Jürgen Bauhus ist Professor für Waldbau und Sprecher des Instituts für Forstwissenschaften an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er studierte Forstwissenschaften in Freiburg, Wien und Göttingen. Nach seiner Promotion an der Universität Göttingen folgten Stationen als Postdoc an der Universität von Québec in Montréal und an der Australian National University in Canberra als Hochschuldozent für Waldbau und Baumphysiologie. 2003 übernahm er die Professur für Waldbau an der Universität Freiburg. Hier entwickelte er ein umfassendes Forschungsprogramm zur Struktur und Dynamik von Wäldern, Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufen, ökologischen Interaktionen in Mischbeständen und der Anpassung von Wäldern an den Klimawandel. Jürgen Bauhus hat mehrere Fachbücher und über 200 begutachtete wissenschaftliche Fachbeiträge veröffentlicht. 2008 wurde er mit dem Lehrpreis der Universität Freiburg und der Auszeichnung „Professor des Jahres“ der deutschlandweiten Universitätszeitschrift UNICUM geehrt. Für seine Forschungsleistungen wurde er 2014 als erster deutscher Forstwissenschaftler mit dem „Scientific Achievement Award“ der International Union of Forest Research Organizations ausgezeichnet. Seit 2013 ist er Mitglied und seit 2020 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Projekte:

  • Verbundvorhaben: Buchen-Tannen-Mischwälder zur Anpassung von Wirtschaftswäldern an Extremereignisse des Klimawandels, Teilvorhaben 1
    Förderkennzeichen 22WC406901
  • Verbundvorhaben: Buchen-Tannen-Mischwälder zur Anpassung von Wirtschaftswäldern an Extremereignisse des Klimawandels, Teilvorhaben 2
    Förderkennzeichen 22WC406902

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe
Tel.: +49 3843 6930-311
E-Mail: m.plothe(bei)fnr.de

Wissenschaftler der Uni Freiburg unter Leitung von Prof. Jürgen Bauhus nahmen gemeinschaftlich mit einem Expertenteam des Karlsruher Instituts für Technologie Effekte der Mischung von Tannen und Buchen in Wirtschaftswäldern unter die Lupe. Foto: privat

Wissenschaftler der Uni Freiburg unter Leitung von Prof. Jürgen Bauhus nahmen gemeinschaftlich mit einem Expertenteam des Karlsruher Instituts für Technologie Effekte der Mischung von Tannen und Buchen in Wirtschaftswäldern unter die Lupe. Foto: privat

"Der Wasserhaushalt von Waldstandorten ist eine zentrale Größe…"

Drei Fragen an ... Dr. Henning Meesenburg, Leiter Intensives Umweltmonitoring an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt NW-FVA

FNR: Herr Dr. Meesenburg, Sie arbeiten in einem Waldklimafonds-Projekt an Modellen zur Darstellung des Wasserhaushalts in Bezug auf den Klimawandel. Was ist das Besondere an Ihrem Verfahren?

Dr. Henning Meesenburg: Der Wasserhaushalt von Waldstandorten ist eine zentrale Größe für die Erfüllung der Ökosystemleistungen von Wäldern. Üblicherweise wird der Wasserhaushalt in der Standortskartierung als statische Größe für die Ableitung einer Baumartenwahl und der Behandlung von Wäldern verwendet.
Wir versuchen, eine dynamische Dimension zuzufügen, indem wir prozessorientiert die durch den Klimawandel verursachten Änderungen des Standortswasserhaushaltes und damit verbundene Risiken in die waldbaulichen Strategien der Forstbetriebe einbringen. Das Ziel ist es, Entscheidungshilfen für die Planung von Waldentwicklungstypen zu entwickeln, welche sowohl unter den heutigen wie zukünftigen klimatischen Bedingungen produktive Waldbestände mit vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleisten.
Das Verfahren wird anhand des umfangreichsten waldhydrologischen Datensatzes in Deutschland entwickelt. Es wird zunächst für verschiedene Modellregionen getestet, soll aber auf alle Waldstandorte in Deutschland übertragbar sein.

FNR: Welche Möglichkeiten eröffnen Wasserhaushaltsmodelle beziehungsweise wie kann sich das auf die Forstwirtschaft der Zukunft auswirken?

Meesenburg: Wasserhaushaltsmodelle geben ein umfassendes Bild von allen Wasserflüssen und Wasservorräten in (Wald-)Ökosystemen. Somit kann die Wasserverfügbarkeit für die Wurzelaufnahme, der Transpirationsstrom, der Sickerwasseraustrag und Trockenstressereignisse berechnet werden. Da die Wasserversorgung eine entscheidende Größe für die Vitalität und das Wachstum von Bäumen ist, können anhand ihrer Ausprägung forstliche Strategien zur Bewirtschaftung von Wäldern sowie zur Risikominimierung abgeleitet werden. Dies betrifft die Baumartenwahl, die Wahl geeigneter Mischungen, die Planung von Durchforstungen und optimalen Bestandesdichten sowie die Steuerung von Endnutzung und Verjüngung.
Mittels einer Prognose von Bodenfeuchteverhältnissen können optimale Pflanzzeitpunkte sowie die Befahrbarkeit von Rückewegen mit schweren Maschinen ermittelt werden.
Durch die Weiterentwicklung der Wasserhaushaltsmodelle und verbesserte Rechnerleistungen können heute hydrologische Berechnungen für große Flächen in hoher zeitlicher Auflösung relativ schnell durchgeführt werden. Somit ist es möglich, der Forstwirtschaft zeitnah Informationen zur Verfügung zu stellen, die die Planung und Durchführung von forstlichen Maßnahmen unterstützen.

FNR: In einem anderen Waldklimafonds-Projekt haben Sie ein Verfahren der situativen Zuwässerung im Hessischen Ried erprobt. Sind Bewässerungsmodelle eine Lösung für den Wald im Klimawandel?

Meesenburg:  In dem Projekt wird ein Verfahren entwickelt, in dem Dürrerisiken in einem Eichen-Hainbuchenbestand im hessischen Ried mittels einer Zuwässerung reduziert werden sollen. In weiten Teilen des hessischen Rieds sind Wälder durch großflächige Grundwasserabsenkungen von Trockenheit betroffen. Diese wird durch die bereits eingetretene und sich künftig verstärkende Klimaerwärmung weiter verstärkt. Die Zuwässerung soll den untersuchten Waldbestand revitalisieren und zukünftige Trockenstressereignisse abmildern.
Eine Bewässerung von Wäldern wird vermutlich auch in Zukunft flächenhaft keine bedeutende Rolle spielen, zumal der Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft noch ansteigen wird und sich damit der Landschaftswasserhaushalt vieler Regionen in Deutschland negativ entwickeln wird. Wo jedoch der Wasserhaushalt einzelner Waldbestände durch eine oberflächige Zuwässerung stabilisiert werden kann, könnte dies eine relativ preiswerte Option zum Erhalt besonders schützenswerter Lebensraumtypen darstellen.

Zur Person:

Dr. Henning Meesenburg, Jahrgang 1957 aus Bremerhaven, studierte Geographie – Fachrichtung Hydrologie und promovierte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Von 1992-2006 arbeitete er an der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt Göttingen. Seit 2006, mit der Erweiterung zur Nordwestdeutschen Forstliche Versuchsanstalt Göttingen, ist Meesenburg dort Sachgebietsleiter Intensives Umweltmonitoring. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Forstliches Umweltmonitoring, Anpassungsstrategien der Forstwirtschaft an den Klimawandel und Forsthydrologie. 

Projekte:

 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de

 

Dr. Henning Meesenburg koordiniert ein Waldklimafonds-Verbundvorhaben zu Wasserhaushaltsmodellen für den Wald im Klimawandel. Quelle: eigene Aufnahme/privat

Dr. Henning Meesenburg koordiniert ein Waldklimafonds-Verbundvorhaben zu Wasserhaushaltsmodellen für den Wald im Klimawandel. Quelle: eigene Aufnahme/privat

"Bränden schon beim Waldbau vorbeugen"

Drei Fragen an ... Alexander Held, Senior-Experte für forstliches Risikomanagement, European Forest Institute (EFI)

FNR: Seit Anfang Mai 2020 erarbeiten Sie am European Forest Institute zusammen mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg ein „Angepasstes Wald- und Feuermanagement im Klimawandel“. Das bedeutet, das Waldbrandmanagement wird beim Waldbau berücksichtigt?

Alexander Held: Ja. Waldbewirtschaftung und Waldbrandbekämpfung zu einem integrierten Waldbrandrisikomanagement zusammenzuführen, ist eines der Projektziele. Entwickeln wird der Forschungsverbund unter anderem präventive Waldbau- und präventive Feuerwehrkonzepte mit ganz neuen Ausbildungs- und Trainingsmodulen, die auf geeigneten Demonstrationsflächen praktisch erprobt werden. Die neuen Konzepte basieren auf internationalem Wissen zur Waldbrandprävention. Mit Handlungsempfehlungen für Waldbrandprävention und -bekämpfung schaffen wir den Rahmen für eine nationale Waldbrandstrategie. Eine solche Strategie schärft das Risikobewusstsein bei den Akteuren von Forst und Feuerwehr wie in der Gesellschaft. Jedem muss klar sein: Der Wald im Klimawandel ist nach heißen, trockenen Sommern, Sturmschäden und Käferbefall viel verwundbarer durch Waldbrände als noch vor Jahrzehnten. Deshalb ist die Anpassung der Wälder an dieses neue Risiko in Deutschland so akut und dringlich.

FNR: Mit welchen neu entwickelten Forstschutzmaßnahmen lässt sich Waldbränden vorbeugen bzw. das Schadensausmaß begrenzen?

Held: Bisherige Konzepte waren zu oft limitiert auf den Aspekt der Feuerbekämpfung. Künftig muss präventiven Maßnahmen mehr Aufmerksamkeit zukommen. Dazu gehören eine gute Walderschließung, die Einsatzfahrzeugen leichten Zugang zu einem Waldbrand gewährt, die Erstellung von Waldbrandeinsatzkarten und das Anlegen von Feuerschneisen, Brandschutzriegeln, Löschteichen und Pflugstreifen entlang von Straßen bzw. Bahnlinien. Dem kontrollierten Brennen kommt in der Waldbrandprävention ebenfalls eine strategisch wichtige Rolle zu. Dafür bedarf es aber einer fundierten Ausbildung und Praxiserfahrung. Waldbauliche Maßnahmen hin zu klimaresilienteren Beständen sind ein längerfristigeres Ziel. Der Waldumbau hin zu strukturreicheren Mischwäldern mit typischem Waldinnenklima kann hier einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Waldbrandgefahr leisten.

FNR: Welche Auswirkungen haben Feuer auf Flora und Fauna?

Held: Nach einem Feuer geht man von einer fünf- bis siebenjährigen Rekreierungsphase des Bodens und der Mykorrhiza aus, je nach Intensität. Ohne Humusauflage speichert der Boden weniger Wasser, beim Brand freigesetzte Mineralien werden eingewaschen. In dieser Zeit wächst auf der Brandfläche kein Baum gut. Zunächst siedeln sich Kräuter, Gräser, Sträucher an. Insekten- und Vogelwelt variieren mit der Begrünung, bis der Wald wieder die Oberhand hat.  Also lieber etwas abwarten, statt sofort wieder aufzuforsten.

Zur Person:

Alexander Held, geboren 1975 in Augsburg, Forstwissenschaftler, forschte unter Prof. Johann Goldammer in der Arbeitsgruppe Feuerökologie am Max-Planck-Institut für Chemie zu natürlichen und menschengemachten Vegetationsbränden und deren ökologischen wie gesellschaftlichen Auswirkungen.

Als Mitglied der Arbeitsgruppe Feuerökologie sammelte Held unter anderem in Südafrika, den USA, und Europa praktische Erfahrungen im Feuermanagement. Er konnte dadurch die Wissenschaft mit internationalen, operativen Qualifikationen kombinieren.

Seit 2011 unterstützt Alexander Held als Experte das forstliche Risikomanagement des European Forest Institute (EFI) in Bonn mit den Schwerpunkten Vegetationsbrand und Waldbau.

Tel.: +49 (0)173 6293093

E-Mail: alexander.held(bei)efi.int 

Weitere Informationen: www.waldbrand-klima-resilienz.com

Zum Projekt:

Das Verbundvorhaben „Angepasstes Wald- und Feuermanagement im Klimawandel (Waldbrand-Klima-Resilienz)“ wird von den Bundesministerien für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit Mitteln aus dem Waldklimafonds gefördert. Koordiniert wird das Vorhaben von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR).

Das Projekt besteht aus den Teilvorhaben 1 des European Forest Institute (EFI) und 2 der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg.

Links zum Verbundvorhaben: Angepasstes Wald- und Feuermanagement im Klimawandel (Waldbrand-Klima-Resilienz)

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe
Tel.: +49 3843 6930-311
E-Mail: m.plothe(bei)fnr.de

Forstwissenschaftler und Feuerökologe Alexander Held ist Experte für forstliches Risikomanagement am European Forest Institut. Foto: privat

Forstwissenschaftler und Feuerökologe Alexander Held ist Experte für forstliches Risikomanagement am European Forest Institut. Foto: privat