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Wald und Holz

 

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Fachkompetente Stimmen zum Thema Wald und Wasser

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) betreut derzeit über 1000 Forschungs- und Entwicklungsprojekte, tausende Wissenschaftler forschen zu Themen des Förderprogramms "Nachwachsende Rohstoffe" (FPNR) und der Förderrichtlinie Waldklimafonds (WKF). Daher stehen wir in Kontakt mit den Menschen mit ausgewiesener Fachkompetenz auf ihrem Fachgebiet, sind im Austausch mit den Wissenschaftlern und Experten, die herausfordernde Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet lösen und das Ergebnis beurteilen können. Hier geben wir ihnen eine Stimme:

 


 

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

"Der Wasserhaushalt von Waldstandorten ist eine zentrale Größe…"

Drei Fragen an ... Dr. Henning Meesenburg, Leiter Intensives Umweltmonitoring an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt NW-FVA

FNR: Herr Dr. Meesenburg, Sie arbeiten in einem Waldklimafonds-Projekt an Modellen zur Darstellung des Wasserhaushalts in Bezug auf den Klimawandel. Was ist das Besondere an Ihrem Verfahren?

Dr. Henning Meesenburg: Der Wasserhaushalt von Waldstandorten ist eine zentrale Größe für die Erfüllung der Ökosystemleistungen von Wäldern. Üblicherweise wird der Wasserhaushalt in der Standortskartierung als statische Größe für die Ableitung einer Baumartenwahl und der Behandlung von Wäldern verwendet.
Wir versuchen, eine dynamische Dimension zuzufügen, indem wir prozessorientiert die durch den Klimawandel verursachten Änderungen des Standortswasserhaushaltes und damit verbundene Risiken in die waldbaulichen Strategien der Forstbetriebe einbringen. Das Ziel ist es, Entscheidungshilfen für die Planung von Waldentwicklungstypen zu entwickeln, welche sowohl unter den heutigen wie zukünftigen klimatischen Bedingungen produktive Waldbestände mit vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleisten.
Das Verfahren wird anhand des umfangreichsten waldhydrologischen Datensatzes in Deutschland entwickelt. Es wird zunächst für verschiedene Modellregionen getestet, soll aber auf alle Waldstandorte in Deutschland übertragbar sein.

FNR: Welche Möglichkeiten eröffnen Wasserhaushaltsmodelle beziehungsweise wie kann sich das auf die Forstwirtschaft der Zukunft auswirken?

Dr. Henning Meesenburg: Wasserhaushaltsmodelle geben ein umfassendes Bild von allen Wasserflüssen und Wasservorräten in (Wald-)Ökosystemen. Somit kann die Wasserverfügbarkeit für die Wurzelaufnahme, der Transpirationsstrom, der Sickerwasseraustrag und Trockenstressereignisse berechnet werden. Da die Wasserversorgung eine entscheidende Größe für die Vitalität und das Wachstum von Bäumen ist, können anhand ihrer Ausprägung forstliche Strategien zur Bewirtschaftung von Wäldern sowie zur Risikominimierung abgeleitet werden. Dies betrifft die Baumartenwahl, die Wahl geeigneter Mischungen, die Planung von Durchforstungen und optimalen Bestandesdichten sowie die Steuerung von Endnutzung und Verjüngung.
Mittels einer Prognose von Bodenfeuchteverhältnissen können optimale Pflanzzeitpunkte sowie die Befahrbarkeit von Rückewegen mit schweren Maschinen ermittelt werden.
Durch die Weiterentwicklung der Wasserhaushaltsmodelle und verbesserte Rechnerleistungen können heute hydrologische Berechnungen für große Flächen in hoher zeitlicher Auflösung relativ schnell durchgeführt werden. Somit ist es möglich, der Forstwirtschaft zeitnah Informationen zur Verfügung zu stellen, die die Planung und Durchführung von forstlichen Maßnahmen unterstützen.

FNR: In einem anderen Waldklimafonds-Projekt haben Sie ein Verfahren der situativen Zuwässerung im Hessischen Ried erprobt. Sind Bewässerungsmodelle eine Lösung für den Wald im Klimawandel?

Dr. Henning Meesenburg:  In dem Projekt wird ein Verfahren entwickelt, in dem Dürrerisiken in einem Eichen-Hainbuchenbestand im hessischen Ried mittels einer Zuwässerung reduziert werden sollen. In weiten Teilen des hessischen Rieds sind Wälder durch großflächige Grundwasserabsenkungen von Trockenheit betroffen. Diese wird durch die bereits eingetretene und sich künftig verstärkende Klimaerwärmung weiter verstärkt. Die Zuwässerung soll den untersuchten Waldbestand revitalisieren und zukünftige Trockenstressereignisse abmildern.
Eine Bewässerung von Wäldern wird vermutlich auch in Zukunft flächenhaft keine bedeutende Rolle spielen, zumal der Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft noch ansteigen wird und sich damit der Landschaftswasserhaushalt vieler Regionen in Deutschland negativ entwickeln wird. Wo jedoch der Wasserhaushalt einzelner Waldbestände durch eine oberflächige Zuwässerung stabilisiert werden kann, könnte dies eine relativ preiswerte Option zum Erhalt besonders schützenswerter Lebensraumtypen darstellen.

Zur Person:

Dr. Henning Meesenburg, Jahrgang 1957 aus Bremerhaven, studierte Geographie – Fachrichtung Hydrologie und promovierte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Von 1992-2006 arbeitete er an der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt Göttingen. Seit 2006, mit der Erweiterung zur Nordwestdeutschen Forstliche Versuchsanstalt Göttingen, ist Meesenburg dort Sachgebietsleiter Intensives Umweltmonitoring. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Forstliches Umweltmonitoring, Anpassungsstrategien der Forstwirtschaft an den Klimawandel und Forsthydrologie. 

Projekte:

Situative Zuwässerung in Wäldern des Hessischen Rieds zur Sicherung und Wiederherstellung naturverträglich genutzter feuchter Eichen-Hainbuchen-Wälder (SiZuRi)
Förderkennzeichen 2218WK24X4

Verbundvorhaben: Standortsfaktor Wasserhaushalt im Klimawandel;
Förderkennzeichen 22WK414102

 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de


 

Dr. Henning Meesenburg koordiniert ein Waldklimafonds-Verbundvorhaben zu Wasserhaushaltsmodellen für den Wald im Klimawandel. Quelle: eigene Aufnahme/privat

Dr. Henning Meesenburg koordiniert ein Waldklimafonds-Verbundvorhaben zu Wasserhaushaltsmodellen für den Wald im Klimawandel. Quelle: eigene Aufnahme/privat