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Wald und Holz

 

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Fachkompetente Stimmen zum Thema Biodiversität

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) betreut derzeit über 1000 Forschungs- und Entwicklungsprojekte, tausende Wissenschaftler forschen zu Themen des Förderprogramms "Nachwachsende Rohstoffe" (FPNR) und der Förderrichtlinie Waldklimafonds (WKF). Daher stehen wir in Kontakt mit den Menschen mit ausgewiesener Fachkompetenz auf ihrem Fachgebiet, sind im Austausch mit den Wissenschaftlern und Experten, die herausfordernde Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet lösen und das Ergebnis beurteilen können. Hier geben wir ihnen eine Stimme:

 


 

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

"Forstliche Entscheidungen können Biodiversität fördern oder schwächen"

Drei Fragen an... Dr. Britta Linnemann von der NABU-Naturschutzstation Münsterland e.V., Schwerpunkt Flora und Vegetation

FNR: Frau Dr. Linnemann, Sie untersuchen den Zusammenhang zwischen forstlicher Bewirtschaftung, Kohlenstoffvorräten und Biodiversität in Wäldern. Warum ist dieser Zusammenhang für die Zukunft des Waldes bedeutend?

Dr. Britta Linnemann:  Wälder erfüllen mit ihren Ökosystemdienstleistungen wichtige Funktionen für uns Menschen. Im Kontext des Klimawandels ist der Wald sowohl Opfer als auch Teil der Lösung. Er wird als Kohlenstoffsenke und als Produzent nachwachsender Rohstoffe viel diskutiert. Diese Funktionen werden dabei oft unabhängig von einer weiteren wichtigen Funktion - dem Erhalt und der Stärkung der Biodiversität - betrachtet. Neben der Klimakrise bedroht uns eine viel weniger beachtete Biodiversitätskrise. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) und der Weltklimarat (IPCC) haben im Juni 2021 einen gemeinsamen Bericht vorgelegt und fordern ein, die menschengemachten Veränderungen von Klima und Biodiversität im Zusammenhang zu begreifen und beiden Krisen gemeinsam entgegenzuwirken. So kann nur ein Wald mit einer intakten Biodiversität seine ihm zugeschriebenen umfangreichen Ökosystemdienstleistungen auch voll erfüllen. Genau hier setzt das Projekt „BiCO2“ an, indem es in einem Gradienten der forstlichen Bewirtschaftung gleichzeitig die Auswirkungen auf Kohlenstoffspeicherung und Biodiversität analysiert. Forstliche Entscheidungen können Biodiversität fördern oder schwächen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen einen Beitrag leisten, Wald zukünftig so zu gestalten, dass sich sowohl Biodiversität als auch die Kohlenstoffspeicherung und Nutzung optimal und gleichzeitig entwickeln können. 

FNR: Sie betrachten in dem Waldklimafonds-Vorhaben sowohl die oberirdische als auch die unterirdische Biodiversität. Warum ist auch die unterirdische ökologische Vielfalt wichtig und wie unterscheidet sie sich zur oberirdischen?

Dr. Britta Linnemann: Biodiversität wird oft mit Artenvielfalt gleichgesetzt. Dabei geht es neben der Vielfalt der Organismenarten auch um deren genetische Vielfalt und die Vielfalt der Lebensräume, zu deren Erfassung im Projekt „BiCO2“ beispielsweise Mikrohabitate und Totholz untersucht werden. Im Projektschwerpunkt „Kohlenstoffspeicherung“ kommt dem Boden als Langzeitspeicher eine übergeordnete Bedeutung zu. Zu dessen Charakterisierung werden bodenchemische und mikrobielle Parameter sowie unterirdisch lebende Artengruppen betrachtet, die für Kohlenstoffumsätze relevant sind. Über die unterirdische Artenvielfalt gibt es viel weniger Wissen als über die Oberirdische, da letztere meist viel einfacher zu untersuchen ist. Gleichzeitig ist das Leben im Boden extrem vielfältig und komplex und steht in Beziehung z. B. zu Bodenatmung, Bodenfruchtbarkeit, Stoffkreisläufen, Bodenwasserhaushalt, Kohlenstoffspeicherung im Boden und Auswirkung von menschlichen Einflüssen wie Bodenverdichtung. Der Boden mit seiner Artenvielfalt hat einen entscheidenden Einfluss auf den Wald als Wirtschaftsraum, als Kohlenstoffsenke und als Ökosystem und muss in die Handlungsempfehlungen mit einbezogen werden. Grundsätzlich gibt es bei diesem wichtigen Thema noch große Forschungslücken, um Zusammenhänge z. B. mit der Resilienz von Wäldern noch besser verstehen zu können.

FNR: Neben der wissenschaftlichen Untersuchung gilt ein Schwerpunkt Ihres Projektes dem Wissenstransfer. Wie kommunizieren Sie das Thema „Biodiversität“ in die forstliche Praxis?

Dr. Britta Linnemann:  Zum Wissenstransfer werden verschiedene Wege verfolgt. Hier kommt dem Projekt die Zusammenarbeit von Forst, Wissenschaft und Naturschutz besonders zu Gute. Zum einen werden über Fachtagungen und Veröffentlichungen Erkenntnisse vorgestellt, wie bereits im November 2021 mit einer Tagung begonnen. Daneben sollen gezielt Privatwaldbesitzende in die Diskussion mit einbezogen werden. Der Begriff „Biodiversität“ in seinem ganzen Umfang und die Bedeutung seiner Förderung ist ein wichtiger Teil der Kommunikation. Eine Veranstaltungsreihe jeweils für spezielle Nutzergruppen ist geplant, bei der „Biodiversität“ eine entscheidende Rolle spielen wird. Ziel ist es, gemeinsam mit den Projektpartnern, dem Institut für Landschaftsökologie Münster und insbesondere dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW praxisnahe Handlungsempfehlungen und Workshops zu entwickeln, die die Potentiale für Biodiversität und den Wald als resilientes Ökosystem im Nutzungsgradienten aufzeigen, gemeinsam mit engagierten Försterinnen und Förstern als Multiplikatoren. Auch auf der Homepage www.bico2.de werden im weiteren Projektverlauf Ergebnisse präsentiert werden und später auch die Handlungsempfehlungen abrufbar sein. 

Zur Person:

Dr. Britta Linnemann ist seit 2011 Leiterin der NABU-Naturschutzstation Münsterland e.V., einer Biologischen Station mit verschiedenen Arbeitsschwerpunkten, u.a. im Bereich Waldnaturschutz. Sie studierte Biologie und Geographie Richtung Landschaftsökologie in Münster und hat dort 2009 in der Biologie promoviert. Dabei liegt ihr Hauptinteresse in der Botanik und Vegetationsökologie. In den Jahren 2014 bis 2018 leitete sie das Waldklimafondsprojekt „Fit für den Klimawandel“ und seit 2020 für die NABU-Naturschutzstation Münsterland das Kooperations-Projekt „Biodiversität und Kohlenstoffspeicherung in Wäldern unterschiedlicher Nutzungsintensität“ (BiCO2). Sie ist stellvertretende Sprecherin des Landesfachausschusses Wald des NABU NRW und arbeitet im Bundesfachausschuss Wald des NABU Deutschland mit. 
 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe
Tel.: +49 3843 6930-311
E-Mail: m.plothe(bei)fnr.de


 

Die Forschungen konzentrieren sich auf vier Standorttypen, die bundesweit flächenmäßig von Bedeutung sind – hier wechselfeuchte Eichen-Hainbuchenwald im Kernmünsterland. Auf diesen Untersuchungsflächen werden ober- und unterirdisch wichtige Parameter zur Erfassung der Biodiversität, des Wald- und Bodenzustandes sowie des Standortes aufgenommen.

Die Forschungen konzentrieren sich auf vier Standorttypen, die bundesweit flächenmäßig von Bedeutung sind – hier wechselfeuchte Eichen-Hainbuchenwald im Kernmünsterland. Auf diesen Untersuchungsflächen werden ober- und unterirdisch wichtige Parameter zur Erfassung der Biodiversität, des Wald- und Bodenzustandes sowie des Standortes aufgenommen.

Das Projekt “BiCO2” strebt eine intensive Kommunikation mit Stakeholdern zum Thema “Biodiversität” an. Anfang November 2021 fand bereits eine erste Fachtagung statt. Fachtagungen sind ideale Möglichkeiten des Wissenstransfers, aber auch des Austausches zwischen Wissenschaft und Praxis.

Das Projekt “BiCO2” strebt eine intensive Kommunikation mit Stakeholdern zum Thema “Biodiversität” an. Anfang November 2021 fand bereits eine erste Fachtagung statt. Fachtagungen sind ideale Möglichkeiten des Wissenstransfers, aber auch des Austausches zwischen Wissenschaft und Praxis.