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Wald und Holz

 

FAQ Biodiversität

Hätten Sie es gewusst?

Ökosysteme mit einer hohen Biodiversität (oder auch biologischen Vielfalt) sind stabiler und reagieren weniger empfindlich gegenüber Störungen. Vielfalt hilft damit bei der Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen durch den Klimawandel.

Biodiversität und Klimawandel sind eng miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Einerseits hat der Klimawandel durch z. B. steigende Temperaturen oder veränderte Niederschlagsverteilung Einfluss auf die Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen. Andererseits sorgen gesunde, arten- und funktionsreiche Ökosysteme für die Stabilität der Stoffkreisläufe, so auch des Kohlenstoffkreislaufes, der das wichtigste Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre entfernt. Der Erhalt und die Förderung der Biodiversität sind relevante Maßnahmen eines erfolgreichen Klimaschutzes, denn sie tragen zum Abmildern negativer Folgen des Klimawandels bei und bieten die Grundlagen für die Anpassungen der Ökosysteme an sich ändernde Lebensbedingungen.

Nicht nur global betrachtet, sondern auch innerhalb Deutschlands gehören Wälder zu den artenreichsten Ökosystemen und gelten als Hort der Biodiversität. Vielfältige Wälder sind produktiver, anpassungsfähiger und halten Klimaveränderungen besser stand. Zudem schützen sie das Klima, denn im Baumbestand, im Boden und in langlebigen Holzprodukten wird CO2 gespeichert. Forstleute und Waldbesitzende tragen durch nachhaltige und vielfältige Formen der Waldbewirtschaftung, Waldpflege und des Naturschutzes zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität und zur Sicherung des Waldes für zukünftige Generationen bei.

  • 1. Was umfasst die Biodiversität?

    Die Biodiversität bzw. biologische Vielfalt bezeichnet einen Bewertungsmaßstab für die Vielzahl an unterschiedlichen Lebensformen innerhalb eines Lebensraumes oder geografisch begrenzen Gebietes. Sie umfasst drei Aspekte:

    1. die Vielzahl der unterschiedlichen Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen innerhalb eines bestimmten Lebensraumes (Artenvielfalt)
    2. die genetische Vielfalt innerhalb der Arten
    3. die Vielfalt der Ökosysteme als Lebensräume der Organismen.
    Vielfalt der Ökosysteme
  • 2. Wie viele unterschiedliche Arten gibt es im deutschen Wald?

    Deutschlands Wälder bieten einer Vielzahl verschiedener Pflanzenarten einen Lebensraum. Obwohl sie im Wald sehr präsent sind, machen Bäume mit 76 verschiedenen Arten nur einen geringen Teil an der gesamten Artenvielfalt der Waldpflanzen aus. Die unscheinbaren Flechten sind mit 1.002 verschiedenen Arten deutlich diverser aufgestellt. Darüber hinaus gibt es 674 verschiedene Moose, 1.020 krautige Pflanzen und 116 verschiedene Sträucher. Ungezählt sind die Pilzarten. Es gibt allein tausende verschiedene Großpilze.

    Auch für Tiere sind Wälder überaus bedeutsame Lebensräume, da sie zu den naturnächsten Landschaftselementen in Deutschland gehören. Durch ihre vertikale Struktur weisen Wälder ein reiches Angebot an Nahrung, Brut- und Unterschlupfmöglichkeiten speziell für kletternde und fliegende Tierarten auf.

    Untersuchungen haben gezeigt, dass allein in deutschen Buchen-Wirtschaftswäldern etwa 5.800 Tierarten vorkommen. Den überwiegenden Teil machen mit etwa 75 Prozent die Insekten (z.B. Käfer, Ameisen, Libellen, Bienen, Schmetterlinge) aus. Nur etwa 2 Prozent der Buchenwaldbewohner sind Wirbeltiere (Säugetiere, Vögel, Kriechtiere und Lurche).

    In einer umfassenden Arbeit vom Bundesamt für Naturschutz wurden die, für die Waldforschung bedeutendsten Tiergruppen (u. a. Käfer, Stechimmen, Großschmetterlinge, Spinnen, Regenwürmer und Vögel) Deutschlands, bezüglich ihrer Waldbindung eingestuft. So wurde z. B. gezeigt, dass von den mehr als 6.700 in Deutschland vorkommenden Käferarten fast 60 Prozent zumindest teilweise im Wald leben. 30 Prozent sind obligatorische Waldbewohner. Auch mehr als 55 Prozent der ca. 290 Brutvogel-Arten Deutschlands kommen im Wald vor, 27 Prozent mit Hauptschwerpunkt im Wald. Mit sogar fast 70 Prozent Waldbewohnern können die 1.400 heimischen Großschmetterlingsarten aufwarten und sogar mit über 95 Prozent die 49 Regenwurmarten Deutschlands.

  • 3. Welche Bedeutung hat die genetische Vielfalt?

    Die genetische Vielfalt besitzt eine wesentliche Bedeutung für Ökosysteme. Sie bietet die Voraussetzung für die Adaptionsfähigkeiten von Arten. Unterschiedliche genetische Informationen innerhalb einer Art ermöglichen flexible Anpassungsprozesse auf Umweltveränderungen, indem sich Träger günstiger Erbanlagen ausbreiten. Durch diese natürliche Auslese entstanden im Laufe der Evolution Populationen, die optimal an ihre Ausbreitungsgebiete angepasst sind. Der Verlust an genetischer Vielfalt einer Art bedeutet im Umkehrschluss, dass sich diese Art schlechter anpassen kann, verstärkt unter Umweltschwankungen leidet und im ungünstigsten Fall verdrängt wird.

  • 4. Welchen Einfluss hat die Waldbewirtschaftung auf die genetische Vielfalt?

    Im heimischen Wald, als ein vom Menschen geprägtes Ökosystem, wird die genetische Vielfalt der Waldbäume auch vom Waldbau beeinflusst. Bei der Baumartenwahl spielt nicht nur die Anpassungsfähigkeit eine Rolle, sondern auch die spätere Holzverwendung und somit Eigenschaften wie Wuchsverhalten, Holzbeschaffenheit, Krankheitsresistenzen oder Wuchsform. Durch ungeeignete Maßnahmen, vor allem bei der Saatgutproduktion und Waldverjüngung, können genetische Informationen verloren gehen. Deswegen ist die Saatgutproduktion in Deutschland im Forstvermehrungsgutgesetz geregelt. Dieses Gesetz hat den Zweck, „den Wald mit seinen vielfältigen positiven Wirkungen durch die Bereitstellung von hochwertigem und identitätsgesichertem forstlichen Vermehrungsgut in seiner genetischen Vielfalt zu erhalten und zu verbessern sowie die Forstwirtschaft und ihre Leistungsfähigkeit zu fördern“. Für die Erhaltung dieser vielfältigen forstgenetischen Ressourcen arbeiten Bund und Länder in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe forstliche Genressourcen und Forstsaatgutrecht zusammen. Den Rahmen bildet das erstmals 1987 veröffentlichte "Konzept zur Erhaltung forstlicher Genressourcen in der Bundesrepublik Deutschland".

  • 5. Welchen Einfluss hat die Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität?

    Nachhaltige Formen der Waldbewirtschaftung und biologische Vielfalt schließen einander nicht aus. Im Gegenteil: Die Biodiversität kann von der Vielfältigkeit der Waldbewirtschaftung profitieren. Eine nachhaltige, naturnahe Forstwirtschaft mit einem Mix aus bewirtschafteten und unbewirtschafteten Flächen strukturreicher Mischbestände, einem Totholzmanagement und dem Ausweisen von Habitatbäumen fördert die Strukturvielfalt der Wälder. Es entstehen vielerlei Nischen und Lebensräume für Pflanzen, Pilze und Tiere, was die Biodiversität positiv beeinflusst.

    Der Schutz der biologischen Vielfalt ist fester Bestandteil der Waldbaukonzepte der forstlichen Landesbetriebe wie beispielsweise des „LÖWE“-Programms der Niedersächsische Landesforsten, des Waldbaukonzeptes Nordrhein-Westfalen oder des Naturschutzkonzeptes der Bayerischen Staatsforsten. Das Ziel dieser Naturschutz- und Waldbaukonzepte ist eine Synthese von nachhaltiger Waldbewirtschaftung und dem Erhalt sowie der Förderung von Biodiversität.

    Naturnähe der Haupt- und Jungbestockung 2012
  • 6. Welche Vorteile hat eine hohe Waldbiodiversität für die Waldbewirtschaftung?

    Eine möglichst hohe Biodiversität ist ein wichtiges und anzustrebendes Ziel in der Forstwirtschaft. Waldökosysteme mit einer hohen Biodiversität sind stabiler und weniger anfällig gegenüber Störungen (z.B. Wetterextremen oder Schadinsekten). Nach einer Störung erholen sie sich zudem schneller als Systeme mit reduzierter biologischer Vielfalt. Die Biodiversität kann somit als „Helfer“ für den Wald und somit auch für die Forstwirtschaft bezeichnet werden.

  • 7. Wie wirkt sich die Biodiversität auf die Ökosystemleistungen des Waldes aus?

    Die biologische Vielfalt bildet die Grundlage für die diversen Leistungen, die Ökosysteme bereitstellen und die wir Menschen täglich nutzen. Vielfältige Ökosysteme liefern wichtige Rohstoffe wie z. B. Holz und Nahrungsmittel, sorgen aber auch für reine Luft, sauberes Trinkwasser und fruchtbare Böden. Sie helfen, vor allem durch die Bindung von Kohlenstoff, bei der Reduktion von Treibhausgasen und fördern die Anpassungsfähigkeit an die Folgen des Klimawandels. Darüber hinaus erfüllen biodiverse Ökosysteme auch kulturelle Leistungen: sie bieten Raum für Erholung, liefern künstlerische und technische Inspirationen, sind Arbeitsplatz sowie Forschungs- und Bildungsorte.

    Eine Übersicht zu den 25 Ökosystemleistungen des Waldes ist in dem Video „Welche Ökosystemleistungen erbringt ein Hektar Wald?“ dargestellt.

    Infografik Ökosystemleistungen
  • 8. Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf die Biodiversität im Wald?

    Durch den Klimawandel und seine Folgen kann es zu Änderungen oder Einschränkungen innerhalb der Lebensräume von Tieren und Pflanzen kommen. Im Wald besteht das Problem, dass der Klimawandel schneller voranschreitet, als sich die Bäume anpassen können. Unter Umständen sind die Bäume in der Spanne ihres Lebens mehrfach wechselnden Umwelt- und damit auch Wachstumsbedingungen ausgesetzt. Überschreitet die Umweltveränderung die Anpassungsfähigkeit der Bäume hat das Folgen für das gesamte Ökosystem Wald und damit auch für die Biodiversität.

    Um dem Klimawandel zu begegnen und Ernteausfälle zu senken, braucht es ein zukunftsorientiertes Forstmanagement mit klimaangepassten Arten. Eine hohe Saatgutvielfalt garantiert eine breite genetische Vielfalt und somit das Potential für Anpassungsprozesse an sich ändernde Umweltbedingungen.

  • 9. Wie wirkt sich Totholz auf die Biodiversität aus?

    Totholz ist ein natürlicher Bestandteil des Ökosystems Wald. Es entsteht, wenn Bäume absterben und setzt sich aus stehenden und liegenden Bäumen oder Baumteile in unterschiedlichen Zersetzungsstadien zusammen.

    Auch Biotop- bzw. Habitatbäume zählen zum Totholz. Das sind oft sehr alte absterbende oder bereits tote Bäume, die vielen Lebewesen zahlreiche Kleinbiotope bieten. Als Lebensraum, Nahrungsquelle und Brutgelegenheit bietet Totholz die Lebensgrundlagen von verschiedenen Pilzen, Flechten und Insekten, aber auch Wirbeltierarten, wie Vögeln oder Säugetieren. Viele seltene Arten sind auf diesen Lebensraum spezialisiert, sodass Totholz einen großen Einfluss auf die Biodiversität im Wald hat.

    Da Totholz kontinuierlich verrottet, bedarf es einer steten Nachlieferung, um die auf Totholz spezialisierten Arten zu erhalten. Zur Versorgung der Bevölkerung mit Brennholz wurde früher das meiste Totholz aus den Wäldern entnommen. Heutzutage belässt die nachhaltige Waldbewirtschaftung einen angemessenen Totholzanteil in verschiedenen Zersetzungsgraden zum Schutz der Biodiversität im Wald.

    Totholzvorat nach Totholztyp
  • 10. Wie wirkt sich eine Baumarten-Mischung auf die Biodiversität aus?

    Eine größere Anzahl an Baumarten in Wäldern erhöht die Wahrscheinlichkeit, mit den Folgen des Klimawandels besser zurechtzukommen. Mischbestände sind, im Gegensatz zu Monokulturen, deutlich widerstandsfähiger gegenüber Kalamitäten, also dem massenhaften Absterben ganzer Bestände z. B. durch Trockenheit oder Schadinsektenbefall. Dadurch minimieren Waldbestände mit Baumarten unterschiedlicher Eigenschaften und Ansprüche das wirtschaftliche Risiko für Forstleute und Waldbesitzende⁠. Mischwälder sind darüber hinaus vorteilhaft für den Waldboden und die Grundwasserspende. Sie bieten durch eine erhöhte Strukturvielfalt einer größeren Anzahl von Arten geeignete Lebensräume.

  • 11. Wodurch wird die biologische Vielfalt des deutschen Waldes geschützt?

    In Deutschland stehen alle Wälder unter dem Schutz des Bundeswaldgesetztes. Es regelt allgemeine Prinzipien und Grundlagen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Wälder in Deutschland. Die Landeswaldgesetze konkretisieren die Vorgaben auf der Ebene der Bundesländer. Hinzukommend erfährt die Biodiversität besondere Beachtung durch die Ausweisung von Flächen, die unter besonderem waldgesetzlichem Schutz stehen, wie Bannwälder, Schutzwälder, Naturreservate oder Naturwälder. In diesen Gebieten ist eine Bewirtschaftung weitgehend ausgeschlossen bzw. stark reglementiert. Der europaweite Erhalt gefährdeter oder typischer Lebensräume und Arten wird über das Natura 2000-Netz gewährleistet. Es setzt sich aus den Schutzgebieten der Vogelschutzrichtlinie und den Schutzgebieten der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zusammen.

    Zusätzlich zu den ausgewiesenen Schutzgebieten werden bestimmte Biotope wegen ihrer Bedeutung für die Natur durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt.

    Natur- und Artenschutz im Wald erfolgt nicht nur in speziellen Waldschutzgebieten. Integrative Waldbaukonzepte der forstlichen Landesbetriebe etwa sehen eine Verbindung von Bewirtschaftung und Schutz der Wälder mit unterschiedlichen Intensitäten vor. Das Ziel dieser Naturschutz- und Waldbaukonzepte ist eine Verknüpfung von nachhaltiger Waldbewirtschaftung und dem Erhalt sowie der Förderung von Biodiversität.