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Wald und Holz

 

Experten

Fachkompetente Stimmen zum Thema Klimawandeleffekte im Wald

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) betreut derzeit über 1000 Forschungs- und Entwicklungsprojekte, tausende Wissenschaftler forschen zu Themen des Förderprogramms "Nachwachsende Rohstoffe" (FPNR) und der Förderrichtlinie Waldklimafonds (WKF). Daher stehen wir in Kontakt mit den Menschen mit ausgewiesener Fachkompetenz auf ihrem Fachgebiet, sind im Austausch mit den Wissenschaftlern und Experten, die herausfordernde Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet lösen und das Ergebnis beurteilen können. Hier geben wir ihnen eine Stimme:

 


 

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

Forschung ist wesentlich, um den Wald im Klimawandel unterstützen zu können - damit Überlebensfähigkeit, Natur und Arten und die weiteren vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleistet bleiben. Quelle: chudakov - stock.adobe.com

Douglasien-Erkrankungen: „Hoffen auf Erkenntnisse zur Resistenz einzelner Herkünfte“

Drei Fragen an Dr. Stefan Seegmüller, Leiter der Labore für Ökophysiologie und funktionale Genetik an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz (FAWF):

FNR: Als die aus Nordamerika stammende Douglasie vor rund 200 Jahren in Europa angesiedelt wurde, galt sie als wuchsfreudig und widerstandsfähig. Inzwischen setzen der Douglasie europaweit Pathogene zuwenn auch mit regional unterschiedlicher Intensität. Welche Faktoren haben dazu geführt und wie hoch ist heute der Anteil der gefährdeten Bestände in Deutschland?

Dr. Stefan Seegmüller: Die Douglasie galt bis in die jüngere Vergangenheit als aussichtsreiche Bereicherung für unsere Wälder. Allerdings setzen ihr seit etwa 20 Jahren tatsächlich einige Umstände ernsthaft zu. Bei uns in Rheinland-Pfalz beispielsweise leidet sie mitunter nach wie vor unter Manganmangel. Ihre ernsthafteste Erkrankung ist zurzeit jedoch die Rußige Douglasienschütte. An Schütte erkrankte Douglasien verlieren vorzeitig die älteren Nadeln, ja, mitunter finden sich an erkrankten Bäumen nur noch ein oder zwei Nadeljahrgänge. Normal wären fünf oder sechs. Bedrohlich wird die Krankheit für die Bäume, wenn die Douglasiengallmücke zusätzlich die jüngsten Nadeln schädigt und/oder Diplodia-Triebsterben die diesjährigen Jahrestriebe befällt.

Die Rußige Douglasienschütte ist allenthalben in Deutschland verbreitet. Wirtschaftlich fühlbar oder gar bestandesbedrohend tritt sie vor allem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf, fällt aber auch in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in vielen Beständen auf. Der Tendenz nach greift die Krankheit derzeit weiter um sich. Weiter östlich gewinnt im stärker kontinental geprägten Klima die Frosthärte für die Gesundheit der Douglasien an Bedeutung.

FNR: Der Erreger der Rußigen Douglasienschütte galt in Nordamerika als harmloser Schwächeparasit. Dagegen brachte die vom ihm ausgelöste Erkrankung in den 1920er und 1930er Jahren in Süddeutschland den Douglasien-Anbau quasi zum Erliegen. Worauf ist die starke Ausbreitung hierzulande – wie heute in Rheinland-Pfalz – zurückzuführen?

Dr. Seegmüller: Der Erreger der Rußigen Douglasienschütte ist ein Pilz. Er wächst zwischen den Zellen der Douglasiennadeln und schiebt im Frühling und Sommer kleine kugelförmige Fruchtkörper aus den Spaltöffnungen der Wirtsnadeln. Die Fruchtkörper entlassen bei feuchter Witterung Sporen, die die jüngeren Nadeln infizieren.

In ihrem Herkunftsareal haben sich die Douglasien an trockene Sommer angepasst. Wenig Niederschlag während der Vegetationsperiode macht es den Pilzsporen schwer, auf die jüngeren Nadeln zu gelangen, ohne vorher auszutrocknen. Trockene Sommer machen es unwahrscheinlicher, dass der Pilz sich verbreiten kann.

Andererseits bauen wir die Douglasien beispielsweise in Rheinland-Pfalz in einem ozeanisch getönten Klima an, in dem es auch im Sommer immer wieder regnet. Das erleichtert es dem Pilz, sich in den Beständen auszubreiten. Demgegenüber macht ihm das kontinentaler getönte Klima in Ostdeutschland schon eher zu schaffen. Besonders erfolgreich ist er dann, wenn er viele mittelalte Bestände vorfindet, in denen die dicht wachsenden Bäume den Austausch der sporenbelasteten feuchten Luft behindern.

Aber auch im Westen der USA und an der kanadischen Westküste leiden die Douglasien derzeit verstärkt unter der Rußigen Schütte. Hier sind nicht nur die wüchsigen mittelalten Bestände betroffen, sondern auch licht stehende Althölzer. Unsere Kollegen dort gehen davon aus, dass die Rußige Douglasienschütte im Westen von Nordamerika die Wälder in Wellen belastet, die mehrere Jahrzehnte andauern können.

FNR: Seit Januar 2022 forscht die FAWF zusammen mit zwei Kooperationspartnern zur Vitalität der Douglasie. Zu den Zielen des Forschungsprojektes gehört u. a. die Anzucht gegen Schaderreger unempfindlicher Douglasien. Wie gehen Sie dabei vor und welchen Zeitraum veranschlagen Sie, bis Zuchterfolge in der Praxis sichtbar sein könnten?

Dr. Seegmüller: Forstpraktiker beobachten in ihren ansonsten erkrankten Douglasienbeständen immer wieder einzelne Individuen, die scheinbar weitgehend gesund sind. In unseren Herkunftsversuchen finden wir einzelne Provenienzen, die den Schäden offensichtlich besser widerstehen können. Unklar blieb jedoch bisher, ob der bessere Gesundheitszustand zufälliger Natur ist, auf kleinstandörtlichen Unterschieden beruht oder vielleicht doch eine bessere Krankheitsabwehr sichtbar macht. Die Pflanzen wehren widrige Einflüsse mit ihrem antioxidativen System ab. Neuere Erkenntnisse zeigen, das auch phenolische Inhaltsstoffe – also kondensierte Tannine und Lignin –  zur Abwehr von oxidativem Stress beitragen.

Deshalb untersuchen wir im ersten Schritt, inwieweit sich erkrankte und gesunde Douglasien sowie deren vegetative Nachkommen in ihrem antioxidativen System und ihrer Ausstattung mit Gerbstoffen und Lignin unterscheiden. Darauf aufbauend wollen wir in die funktionale Genetik der Bäume Einblick nehmen. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse hoffen wir, in drei Jahren Aussagen über die Schütteresistenz einzelner Herkünfte und Individuen auf physiologischer und genetischer Basis treffen zu können.

Zur Person:

Dr. Stefan Seegmüller, Jahrgang 1965 aus Mannheim, studierte von 1986 bis 1992 Forstwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Anschließend promovierte er dort an der Professur für Baumphysiologie über ein ernährungsphysiologisches Thema im Zusammenhang mit den veränderten Umweltbedingungen im Klimawandel. Nach seinem Referendariat in der rheinland-pfälzischen Forstverwaltung von 1997-1999 wurde er wissenschaftlicher Referent an der Forstlichen Versuchsanstalt Rheinland-Pfalz, später Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. Dort hat er seitdem Studien zur Nutzung erneuerbarer Energien und zur Holzverwendung betreut, volkswirtschaftliche Untersuchungen über die Forst-, Holz- und Papierwirtschaft durchgeführt und arbeitet seit 2008 wieder verstärkt im ökophysiologischen Bereich. Seit 2017 ergänzt ein funktional genetisches Aufgabengebiet die physiologischen Studien.

Weitere Informationen:

Verbundvorhaben: Eine optimale Vitalität von Douglasien für die Zukunft multifunktionaler Wälder (VitaDou); 01.01.2022-31.12.2024

Pressemitteilung:

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe
Tel.: +49 3843 6930-311
E-Mail: m.plothe(bei)fnr.de

Dr. Stefan Seegmüller leitet die Labore für Ökophysiologie und funktionale Genetik an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. Foto: privat

Dr. Stefan Seegmüller leitet die Labore für Ökophysiologie und funktionale Genetik an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. Foto: privat

"Der Wasserhaushalt von Waldstandorten ist eine zentrale Größe…"

Drei Fragen an ... Dr. Henning Meesenburg, Leiter Intensives Umweltmonitoring an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt NW-FVA

FNR: Herr Dr. Meesenburg, Sie arbeiten in einem Waldklimafonds-Projekt an Modellen zur Darstellung des Wasserhaushalts in Bezug auf den Klimawandel. Was ist das Besondere an Ihrem Verfahren?

Dr. Henning Meesenburg: Der Wasserhaushalt von Waldstandorten ist eine zentrale Größe für die Erfüllung der Ökosystemleistungen von Wäldern. Üblicherweise wird der Wasserhaushalt in der Standortskartierung als statische Größe für die Ableitung einer Baumartenwahl und der Behandlung von Wäldern verwendet.
Wir versuchen, eine dynamische Dimension zuzufügen, indem wir prozessorientiert die durch den Klimawandel verursachten Änderungen des Standortswasserhaushaltes und damit verbundene Risiken in die waldbaulichen Strategien der Forstbetriebe einbringen. Das Ziel ist es, Entscheidungshilfen für die Planung von Waldentwicklungstypen zu entwickeln, welche sowohl unter den heutigen wie zukünftigen klimatischen Bedingungen produktive Waldbestände mit vielfältigen Ökosystemleistungen gewährleisten.
Das Verfahren wird anhand des umfangreichsten waldhydrologischen Datensatzes in Deutschland entwickelt. Es wird zunächst für verschiedene Modellregionen getestet, soll aber auf alle Waldstandorte in Deutschland übertragbar sein.

FNR: Welche Möglichkeiten eröffnen Wasserhaushaltsmodelle beziehungsweise wie kann sich das auf die Forstwirtschaft der Zukunft auswirken?

Dr. Henning Meesenburg: Wasserhaushaltsmodelle geben ein umfassendes Bild von allen Wasserflüssen und Wasservorräten in (Wald-)Ökosystemen. Somit kann die Wasserverfügbarkeit für die Wurzelaufnahme, der Transpirationsstrom, der Sickerwasseraustrag und Trockenstressereignisse berechnet werden. Da die Wasserversorgung eine entscheidende Größe für die Vitalität und das Wachstum von Bäumen ist, können anhand ihrer Ausprägung forstliche Strategien zur Bewirtschaftung von Wäldern sowie zur Risikominimierung abgeleitet werden. Dies betrifft die Baumartenwahl, die Wahl geeigneter Mischungen, die Planung von Durchforstungen und optimalen Bestandesdichten sowie die Steuerung von Endnutzung und Verjüngung.
Mittels einer Prognose von Bodenfeuchteverhältnissen können optimale Pflanzzeitpunkte sowie die Befahrbarkeit von Rückewegen mit schweren Maschinen ermittelt werden.
Durch die Weiterentwicklung der Wasserhaushaltsmodelle und verbesserte Rechnerleistungen können heute hydrologische Berechnungen für große Flächen in hoher zeitlicher Auflösung relativ schnell durchgeführt werden. Somit ist es möglich, der Forstwirtschaft zeitnah Informationen zur Verfügung zu stellen, die die Planung und Durchführung von forstlichen Maßnahmen unterstützen.

FNR: In einem anderen Waldklimafonds-Projekt haben Sie ein Verfahren der situativen Zuwässerung im Hessischen Ried erprobt. Sind Bewässerungsmodelle eine Lösung für den Wald im Klimawandel?

Dr. Henning Meesenburg:  In dem Projekt wird ein Verfahren entwickelt, in dem Dürrerisiken in einem Eichen-Hainbuchenbestand im hessischen Ried mittels einer Zuwässerung reduziert werden sollen. In weiten Teilen des hessischen Rieds sind Wälder durch großflächige Grundwasserabsenkungen von Trockenheit betroffen. Diese wird durch die bereits eingetretene und sich künftig verstärkende Klimaerwärmung weiter verstärkt. Die Zuwässerung soll den untersuchten Waldbestand revitalisieren und zukünftige Trockenstressereignisse abmildern.
Eine Bewässerung von Wäldern wird vermutlich auch in Zukunft flächenhaft keine bedeutende Rolle spielen, zumal der Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft noch ansteigen wird und sich damit der Landschaftswasserhaushalt vieler Regionen in Deutschland negativ entwickeln wird. Wo jedoch der Wasserhaushalt einzelner Waldbestände durch eine oberflächige Zuwässerung stabilisiert werden kann, könnte dies eine relativ preiswerte Option zum Erhalt besonders schützenswerter Lebensraumtypen darstellen.

Zur Person:

Dr. Henning Meesenburg, Jahrgang 1957 aus Bremerhaven, studierte Geographie – Fachrichtung Hydrologie und promovierte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Von 1992-2006 arbeitete er an der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt Göttingen. Seit 2006, mit der Erweiterung zur Nordwestdeutschen Forstliche Versuchsanstalt Göttingen, ist Meesenburg dort Sachgebietsleiter Intensives Umweltmonitoring. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Forstliches Umweltmonitoring, Anpassungsstrategien der Forstwirtschaft an den Klimawandel und Forsthydrologie. 

Projekte:

 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de


 

Dr. Henning Meesenburg koordiniert ein Waldklimafonds-Verbundvorhaben zu Wasserhaushaltsmodellen für den Wald im Klimawandel. Quelle: eigene Aufnahme/privat

Dr. Henning Meesenburg koordiniert ein Waldklimafonds-Verbundvorhaben zu Wasserhaushaltsmodellen für den Wald im Klimawandel. Quelle: eigene Aufnahme/privat

"Wenn der Borkenkäfer frisch befallene Bäume detektieren kann, ... warum nicht auch wir?"

Drei Fragen an Dr. Sebastian Paczkowski von der Georg-August-Universität Göttingen, Wissenschaftler am Projekt PROTECTFOREST©

FNR: In den vergangenen drei Jahren hat der Wald in Deutschland arg gelitten. Insbesondere Fichtenwälder fielen flächenweise dem Borkenkäfer zum Opfer. Mit dem Forschungsprojekt PROTECTFOREST© haben Sie ein flugfähiges System geschaffen, um Borkenkäfer zu detektieren. Wie kamen Sie auf die Idee, dafür Halbleitergassensoren zu verwenden und mithilfe von Drohnen einzusetzen (die doch starke Luft Verwirbelungen mit sich bringen)?

Dr. Sebastian Paczkowski: Die Idee war eigentlich ganz naheliegend. Denn wenn der Borkenkäfer in der Lage ist, frisch befallene Bäume zu detektieren, warum sollte das nicht auch für uns technisch umsetzbar sein? Natürlich müssen wir mit unserer fliegenden Electronic Nose Abstriche machen. Das biologische Detektionssystem der Borkenkäfer ist über Jahrmillionen durch die Evolution angepasst worden und kann z.B. kleinste Konzentrationen von Pheromonen, also Botenstoffe der Käfer selber, in einem Gemisch mit Baumharzgerüchen erkennen. Wir sind darauf angewiesen, dass uns allein der Harzgeruch zu den befallenen Bäumen leitet. Die Abwinde der Rotoren sind dabei kein Problem, wir haben einen Rüssel gebaut, der die Gerüche außerhalb der Rotorwinde einsaugt. Auch kann der Käfer mit spezialisierten Sensillen die Windrichtung messen, aus der der Geruch kommt. Wir müssen die Windrichtung über die Steuersignale der Drohne berechnen, was aktuell noch etwas ungenau ist.

FNR: Was waren die größten Herausforderungen bei diesem Projekt?

Dr. Sebastian Paczkowski:Tatsächlich ist der Wind unser größtes Problem. Die Verwehung des Harzgeruches ist schwer zu berechnen und daher ist die Position der befallenen Bäume bisher nur ungenau bestimmbar. Wir haben dafür Lösungsansätze, aber das Thema wird uns noch eine Weile beschäftigen. Auch das Manövrieren im Kronenbereich ist sehr anspruchsvoll, sowohl für den Piloten im manuellen Flug als auch für den Autopiloten beim programmierten Way-Point Flug. Ohne Automatisierung wird es langfristig nicht möglich sein, eine ökonomisch effiziente Lösung auf den Markt zu bringen, oder, auf den Punkt gebracht: Das Fliegen per Hand nah am Kronendach ist schlicht zu riskant, zu langsam und daher als Dienstleistung zu teuer.

FNR: Nach der positiven Resonanz aus Medien und Wissenschaft: Welche Verwendung und Weiterentwicklung für die Electronic Nose streben Sie nun an?

Dr. Sebastian Paczkowski: Ich bin sehr optimistisch, dass unser Team aus Wissenschaftlern und Technikern in den nächsten zwei Jahren einen Prototyp bauen kann, der den Anforderungen der Forstwirte genügt. Dazu müssen wir zunächst in Feldtests die Aufklärungsrate für Borkenkäfer-Frühbefall herausfinden. Alles unter 70 % ist nicht praktikabel. Zudem soll die Drohnentechnik weiter angepasst werden. Die internationale Konkurrenz ist sehr stark und wir wollen zusammen mit der Firma Cadmium GmbH Abstandssensorik und GPS Positionierung über das aktuelle technische Niveau hinaus entwickeln, um sicher und automatisiert in der Nähe der Baumkronen fliegen zu können. Mit einer solchen Lösung sind dann viele Anwendungen, auch im Agrarbereich, möglich. Ich denke da z.B. an die Kirschfruchtfliege im Weinbau oder sogar an den Maiswurzelbohrer. Gezielte Detektion im Feld kann eine gezielte und ggf. auch drohnenbasierte Insektizidanwendung ermöglichen und so ökologisches Smart Farming Realität werden lassen.

Zur Person:

Dr. Sebastian Paczkowski promovierte 2014 an der Georg-August-Universität Göttingen an der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie mit dem Schwerpunkt angewandte Chemoökologie. Nach seiner Promotion ging er an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und arbeitete dort im Forschungsbereich Biomaterialien und Bioenergie. In der Abteilung Forstliche Verfahrenstechnik der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen entwickelte er Gassensoren für die optimierte Holz- und Holzspänetrockung sowie für die Waldbrandfrühwarnung. Während seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg entwickelte er einen Drohnenprototypen für die Detektion von Gerüchen mit Halbleitergassensoren. Weiterhin beschäftigte er sich in Kooperation mit chilenischen Universitäten mit der Optimierung der hydrothermalen Karbonisierung für die emissionsseitige Aufwertung von Holzindustrie-Reststoffen sowie mit der Energieoptimierung der Holzpelletherstellung. 2020 kehrte er zurück an die Georg-August-Universität Göttingen und arbeitet hier in der Abteilung für Arbeitswissenschaft und Verfahrenstechnologie der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie. Im Rahmen des von der FNR geförderten Projektes PROTECTFOREST entwickelte er zusammen mit Partnern der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg und der Drohnenentwicklungsfirma CADmium GmbH einen Prototyp für die drohnenbasierte Geruchsdetektion von Borkenkäferfrühbefall an Nadelbäumen.

Projekte:

 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de


 

Dr. Sebastian Paczkowski promovierte 2014 an der Georg-August-Universität Göttingen an der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie mit dem Schwerpunkt angewandte Chemoökologie. Quelle: privat

Dr. Sebastian Paczkowski promovierte 2014 an der Georg-August-Universität Göttingen an der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie mit dem Schwerpunkt angewandte Chemoökologie. Quelle: privat

"Der Eichenprozessionsspinner ist ein Überlebenskünstler ... und er ist gesundheitsgefährdend."

Drei Fragen an ... Dr. Anne Arnold, Teamleiterin am Büsgen-Institut der Georg-August-Universität Göttingen.

FNR: Was genau macht einen Schmetterling – den Eichenprozessionsspinner – zu einem gefährlichen Insekt für Eichenwälder sowie für Mensch und Tier?

Dr. Anne Arnold: Der Eichenprozessionsspinner – in Fachkreisen kurz EPS genannt – zählt zu den sogenannten Klimagewinnern, denn er profitiert von den sich verändernden Temperatur- und Niederschlagsmustern. Er ist ein Überlebenskünstler. Dadurch tritt er in Wäldern und urbanen Gebieten immer häufiger in Massen auf. Und er ist gesundheitsgefährdend. Eine adulte Raupe besitzt etwa 630.000 – 700.000 Brennhaare. Genau diese sind für Mensch wie Tier sehr gefährlich. Sie beinhalten das Nesselgift Thaumetopoein. Es kann zu starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen durch Reizungen der Schleimhäute, Schwellungen, schwere hautallergische Reaktionen, Asthma bis hin zum anaphylaktischen Schock. Die Brennhaare können acht Jahre und mehr im Boden wirksam bleiben. Massenvermehrungen des EPS können zu forstwirtschaftlichen Einbußen beim Holzzuwachs und der Holzqualität führen. Tritt der EPS in hohen Dichten auf – also bei hohen Abundanzen – dann kann der EPS auch weitere Laubbaumarten befallen wie die Roteiche, die Hainbuche oder auch die Buche.

FNR: Sie wollen eine Art Frühwarnsystem für den Eichenprozessionsspinner erschaffen und setzen bei Ihren Forschungsarbeiten auch Drohnen ein. Wie kann man sich das vorstellen?

Arnold: Die Anfälligkeit von Wäldern und Waldlandschaften für den EPS wird durch räumliche Analysen der Risikofaktoren erfasst. Wir skalieren Befunde und Szenarien hinzu, die durch den Klimawandel verursacht werden. Mit Hilfe von Drohnen und Multispektralkameras werden Monitoringverfahren für eine verbesserte Prognose und Überwachung von EPS-Befall getestet.

FNR: Was erhoffen Sie sich als Ergebnis von der medizinischen Risikoabschätzung?

Arnold: Bis heute existieren keine ausreichenden Untersuchungen, die eine allergologische Bewertung der Giftwirkung der Brennhaare berücksichtigt und damit weitere gesundheits- sowie arbeitsmedizinische Handlungsoptionen erlauben. Die aber werden dringend benötigt. So gibt es bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung keinen speziellen auslösenden Gegenstand, mit dem Berufskrankheiten durch den EPS codiert werden könnten. Insofern kann man auch keine Daten über Berufskrankheiten durch den EPS abrufen. Wir wollen in diesem Projekt belastbare Daten zur Auslösung gesundheitlicher Beschwerden durch EPS-Brennhaare ermitteln, die eine medizinische Risikoabschätzung durch den Kontakt mit Brennhaaren ermöglicht. Idealerweise kann in der Folge aus diesem Projekt eine größere Beobachtungsstudie zu den Effekten von arbeitsmedizinischen Schutzmaßnahmen bei EPS-exponierten Berufsgruppen durchgeführt und konkrete Handlungsanweisungen zum Gesundheitsschutz der Betroffenen entwickelt werden.

Zur Person:

Dr. Anne I.M-Arnold ist Teamleiterin der Forschungsgruppe Envirus am Büsgen Institut der Georg-August-Universität Göttingen und koordiniert das Forschungsvorhaben „Risikobewertung, Überwachung und Auswirkungen von Massenvermehrungen des Eichenprozessionsspinners“.

Projekt:

 

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
E-Mail: j.heup(bei)fnr.de